Stricken mit Lamawolle: Eine Reise durch das Hochland von Argentinien und Bolivien auf den Spuren von Sayama

Stricken mit Lamawolle: Eine Reise durch das Hochland von Argentinien und Bolivien auf den Spuren von Sayama

Wer unseren Blog kennt, weiß, dass Paul Pascuali nicht nur schöne Garne anbietet – für ihn steht immer auch das Tierwohl und die faire Behandlung aller am Produktionsprozess Beteiligten im Vordergrund. Kürzlich reiste er nach Argentinien und Bolivien...

Auf die Nadeln geschaut: Cashmere Charis Du liest Stricken mit Lamawolle: Eine Reise durch das Hochland von Argentinien und Bolivien auf den Spuren von Sayama 8 Minuten Weiter Kammgarne und Streichgarne: Was ist der Unterschied?

Von Claudia Ostrop / Paul Pascuali

Wer unseren Blog kennt weiß, dass es für Paul Pascuali mitnichten ausreicht, einfach nur schöne und hochwertige Garne anzubieten – absolut wichtig ist für ihn, dass „seine“ Garne stets mit gutem Gewissen verstrickt werden können: Tierwohl, Umweltschutz und eine wirklich faire Behandlung aller am Produktionsprozess Beteiligten haben absoluten Vorrang.  
 

So ist es für ihn selbstverständlich, dass er sich regelmäßig vor Ort auf den Farmen und Spinnereien umsieht. Vor kurzem hat es ihn deshalb nach Argentinien und Bolivien verschlagen: lest selbst! 

Ausschlaggebend für die Reise ist eines der neuesten Garne von Pascuali: Sayama, ein Mix aus 50 Prozent Lama-Wolle und 50 Prozent Schafwolle aus Bolivien.  

Lama-Haar ist schwierig zu verarbeiten. Es besteht aus der feinen Unterwolle und dem ziemlich festen Grannenhaar. Wird letzteres vorm Verspinnen nicht Restlos entfernt, ist die Wolle nicht besonders kuschelig. Erinnert sich noch jemand an Großmutters guten Mantel oder an ihre Wolldecke aus Lama-Haar? War beides ganz schön kratzig, oder? Das geht aber auch anders! 

Doch nun zu Pauls Reise ins südamerikanische Hochland. 

Der Trip auf den Spuren der Lamas begann in Nordargentinien, genauer in der Provinz Jujuy im Grenzgebiet zu Chile und Bolivien.  

Hier, auf rund 2.400 Meter über dem Meeresspiegel, sind Lamas nichts Ungewöhnliches – sie laufen frei herum und gehören quasi zum Straßenbild. Aber auch wenn praktisch „überall“ Lamas umherlaufen, so sind die eigentlichen Farmen doch im Hochland.  

Die Hochebene „La Puna“ liegt auf rund 4.000 Metern Höhe. Die Landschaft ist wüst und trotzdem unglaublich vielfältig. Mit ihren Vulkanen, Steinwüsten, Kakteen, Dünen und Salzseen ist sie absolut faszinierend. Auch wild lebende Vikunjas kann man hier entdecken und mit Glück sogar Guanacos.   


Pauls Ziel waren aber die Lama-Farmen. „Die Menschen dort sind unglaublich arm. Für einfache Lama-Wolle bekommt man viel weniger, als was das Scheren der Tiere kosten würde.“ Die Lamas werden also nur als Lasttiere und zur Fleischproduktion gehalten. „Wir möchten den Menschen helfen, dass sie Lamas auch für Wolle halten – schließlich kann ein Tier dann viel länger und nachhaltiger zum Unterhalt beitragen, als wenn es nach einem Jahr geschlachtet wird.“ 

So machte sich die Gruppe – Paul reiste zusammen mit seiner Familie und einigen Freunden – mit Pickups auf die nicht ganz unbeschwerliche Tour. Das erste Etappenziel war die Stadt Abra Pampa. Hier traf sich Paul mit Vertretern von INTA, einer Forschungseinrichtung, die für den Naturschutz eintritt und sich dafür einsetzt, dass mehr Lamawolle produziert wird. 

Nach insgesamt neun Stunden Fahrt am ersten Tag war man auf rund 4.000 Metern über dem Meeresspiegel angekommen. Hier hatten einige der Reisenden mit der Höhenkrankheit zu kämpfen: Weil der Luftdruck mit zunehmender Höhe abnimmt, sinkt auch die Verfügbarkeit von Sauerstoff. Aber zum Glück ist niemand ernsthaft „ausgefallen“. Übrigens spürt man den niedrigen Sauerstoffgehalt sogar beim Autofahren: Man muss mehr Gas geben, um voranzukommen. Auf der langen Fahrt war es einsam: Genau 2 anderen Autos ist Pauls Reisegruppe hier begegnet! Es gab kein Internet-Signal, also funktionierten auch die Navis der Autos nicht. Aber es waren genug „Kartenleser“ dabei und zudem Pauls argentinischer Cousin, der genug Ortskenntnis besaß, um die Gruppe sicher nach Cusi Cusi zu bringen. Die Gegend um das kleine Dorf wird „Valle de la Luna“ genannt, „Mond-Tal“ – und diese Beschreibung passt wirklich. Die Landschaft ist unwirklich und wunderschön zugleich. Als die Reisenden abends ankamen, war es dunkel. „Wirklich stockfinster – man hat nichts gesehen! Aber was für ein Himmel! Man konnte mit bloßem Auge die Milchstraße erkennen!“ erzählt Paul begeistert.  

Nicht nur sehr dunkel war es – sondern auch sehr kalt: Während man es tagsüber bei rund 20 Grad gut aushalten konnte, sanken die Temperaturen zur Nacht auf durchaus frische 4 Grad ab. „Ich war ganz schön froh, meinen dicken Pullover aus Cashmere Charis dabeizuhaben. Super warm und gemütlich!“ schwärmt er über seinen Northland Sweater von Petite Knit 

Von Cusi Cusi aus ging es am nächsten Morgen weiter nach Santa Catalina an der Grenze zu Bolivien. Auf 4.000 Metern Höhe sind auch hier zahllose Lamas zu finden. Die Tiere laufen frei herum, von einem Hirten begleitet und geführt. Die Lamas gehören verschiedenen Farmern: Der Hirte holt die Tiere morgens ab, wandert mit ihnen zum Grasen herum und liefert sie am Abend wieder bei ihren Besitzern ab. In Santa Catalina hat Paul mit der Chefin einer Kooperative gesprochen, die sich dafür engagiert, farbreine Lamawolle zu produzieren: Weil die Herden zumeist aus Lamas aller möglichen Farben (weiß, beige, braun, schwarz) bestehen, ist die Wolle praktisch nicht färbbar und damit nur bedingt gut zu vermarkten. Der Plan ist, farbreine Herden umherziehen zu lassen, um auf diese Weise Wolle zu bekommen, die nicht nur zufällig einen bestimmten Farbton aufweist. Diese Projekt wird jetzt angestoßen. Wir sind gespannt!  

Viele der Menschen in der Region halten sich derzeit mit Töpferarbeiten über Wasser. „Sie sind bettelarm, aber das ist ihnen gar nicht bewusst. Sie bekommen von einem Händler umgerechnet 30 Cent für einen Tontopf, verkauft wird der dann für umgerechnet sieben Euro. Denen muss man doch helfen.“, sagt Paul. Er möchte sich dafür einsetzen, dass den Menschen mehr zum Leben bleibt, dass auch die Kinder zur Schule gehen können.  

„Sie sind ja zufrieden, sie ernähren sich hauptsächlich von Tee und Brot. Aber es ist ungerecht. Es könnte ihnen besser gehen.“ Vielleicht wäre hochwertiges Lama-Haar ein guter Weg zu etwas Wohlstand. 

Von Santa Catalina ging es weiter nach La Quiaca. Das ist die nördlichste Stadt Argentiniens, sie liegt direkt an der Grenze zu Bolivien. Hier wurden die Pickups zurückgegeben: Weiter ging es mit dem Bus nach La Paz in Bolivien. „Die Fahrt war schon ein bisschen abenteuerlich! Es war ein sehr guter Reisebus, und wir konnten die Sitze in Liegeposition bringen zum Schlafen. Allerdings sind die Straßen extrem kurvig und eng, viele fahren betrunken und ohne Licht – deshalb wollten wir lieber auch nicht selber fahren!“, schildert Paul diesen Reiseabschnitt. „Die Kinder haben während der nächtlichen Fahrt gut geschlafen, das dauernde Hupen und Geschaukel hat uns Erwachsenen aber schon ein wenig die Ruhe geraubt. Ehrlich gesagt war es ziemlich stressig!“ 

La Paz ist die am höchsten gelegene Hauptstadt der Welt. Den Reisenden wurde Koka-Tee gegen die Höhenkrankheit empfohlen. „Das hat gut geholfen“, schmunzelt Paul. „Der hat natürlich nicht die Stärke oder Wirkung von Kokain!“  

Hier war das Ziel die Spinnerei in El Alto, die für Pascuali das Garn Sayama produziert. Der Eigentümer hat eine ganz besondere Kardiermaschine konstruiert, mit der das Unterfell perfekt vom Grannenhaar der Lamas getrennt werden kann. „Die ist so besonders, dass nicht einmal wir sie ansehen durften. Ein echtes Betriebsgeheimnis!“  

In der Spinnerei wird Sayama komplett von der Rohfaser bis zum fertigen Garn produziert. Das Lamahaar kommt von kleinen bolivianischen Farmen. Aus Bolivien stammt auch der Schafwollanteil von Sayama 


Die Produktion ist sehr nachhaltig: so wird z.B. das Waschwasser aufgefangen und gefiltert, um erneut eingesetzt zu werden. Der beim Waschen der Faser entstehende Schlamm wird als Dünger verwendet. Zuletzt wird hier auch gefärbt. Die Spinnerei hat bis vor wenigen Jahren nur vorbereites Lamahaar, die so genannten Tops, vertrieben. Seit Corona werden auch Garne und sogar fertige Strickwaren für internationale Unternehmen produziert.  

Neben vorwiegend weißen Fasern werden auch braune bzw. beige Fasern für Sayama verwendet – das ergibt ein schön lebendiges Farbspiel, vergleichbar mit Pascualis Balayage 

Der Name Sayama leitet sich übrigens ab vom Berg Sajama, der höchsten Erhebung Boliviens. Natürlich wollten Paul und seine Mitreisenden den Berg aus der Nähe sehen. Auf dem Weg dorthin war jedoch die Straße gesperrt: Ein Streik von Taxi-Fahrern machte eine Weiterfahrt unmöglich. Weil es in der Gegend so gut wie keine Hotels gibt, musste man nach ein paar Stunden unverrichteter Dinge aufgeben und umdrehen.  

„Das probieren wir dann eben einfach beim nächsten Mal wieder!“, beschließt Paul.  

Wir hoffen, diese „Postkarte“ aus Argentinien und Bolivien hat euch ein bisschen Spaß gemacht und vielleicht sogar Lust, Sayama auszuprobieren? Das würde uns sehr freuen! 

1 Kommentar

Bettina Bensinger

Lieber Paul,
ich finde das fantastisch, wie Sie sich einsetzen. Das Wohl der Tiere, die Zukunft zu sichern für Menschen, die davon leben müssen. Den Mut zu haben diese „Expeditionen“ durchzuführen, um Ware anzubieten, bei deren Herstellung dauerhaft weder Menschen noch Tiere🫶 ausgebeutet werden. Danke! Ich werde immer Kundin bleiben.
Liebe Grüsse an Sie, Ihre Familie und Ihr Team
Bettina Bensinger

Lieber Paul,
ich finde das fantastisch, wie Sie sich einsetzen. Das Wohl der Tiere, die Zukunft zu sichern für Menschen, die davon leben müssen. Den Mut zu haben diese „Expeditionen“ durchzuführen, um Ware anzubieten, bei deren Herstellung dauerhaft weder Menschen noch Tiere🫶 ausgebeutet werden. Danke! Ich werde immer Kundin bleiben.
Liebe Grüsse an Sie, Ihre Familie und Ihr Team
Bettina Bensinger

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