Maßarbeit – wie vermesse ich meinen Körper?

Maßarbeit – wie vermesse ich meinen Körper?

Das passende Garn, die richtigen Nadeln – alles scheint bereit für dein neues Strickprojekt. Doch bevor du loslegst, gibt es einen entscheidenden Schritt: Deine eigenen Körpermaße zu kennen. Strickanleitungen basieren oft auf Standardgrößen, die selten perfekt zu deinen individuellen Maßen passen. Aber keine Sorge, mit dem richtigen Wissen kannst du jede Anleitung an deine Bedürfnisse anpassen.

Kammgarne und Streichgarne: Was ist der Unterschied? Du liest Maßarbeit – wie vermesse ich meinen Körper? 8 Minuten

Von Claudia Ostrop

Der erste Schritt zu perfekt sitzenden Strickstücken

Du hast eine Anleitung für einen superschönen Pullover oder eine tolle Strickjacke gefunden, hast das passende Garn dazu und die entsprechenden Stricknadeln auch. Also steht dem neuen Traumteil für deine Garderobe nichts mehr im Weg!

Oder etwa doch?

Eine gute und eine schlechte Nachricht, die schlechte zuerst: In den seltensten Fällen stimmen die Körpermaße der Stricker:innen mit den Maßen überein, die einer Anleitung zugrunde liegen. Und jetzt die gute: Mit ein wenig Know-how kannst du jede gute Anleitung zu einer perfekten Anleitung für dich machen. Du musst nur deine eigenen Maße genau kennen!

Um die Frage, welche Maße das sind, und wie du sie am besten bestimmst, geht es in diesem Blog-Post. Etwas später werden wir uns dann auch noch damit befassen, wie man mit abweichenden Körpermaßen beim Stricken umgeht.

Warum genaue Körpermaße wichtig sind

Konfektionsgrößen, egal ob bei fertig gekauften Kleidungsstücken oder für Strick- oder Nähanleitungen, können immer nur zur Orientierung dienen. Auch wenn man weiß, dass man z.B. grundsätzlich mit einer Größe M oder 38 gut bedient ist, so kann es immer passieren, dass man eine Größe größer (oder kleiner) braucht. Je nach Designer oder Hersteller fallen die fertigen Kleidungsstücke sowieso schon unterschiedlich aus. Und dann kommen noch die eigenen „speziellen“ Maße obendrauf.

Idealmaße oder Individualmaße?

Kein Ei gleicht dem anderen, wie es redensartlich heißt, und auch kein Körper dem anderen.

Genauso ist es mit den Proportionen. So können schmale Schultern mit viel Oberweite einhergehen und umgekehrt, ein Oberkörper kann lang sein, die zugehörigen Arme aber eher kurz, die Schultern breit und das Becken schmal – es fallen dir sicher noch viel mehr solcher „Kombinationen“ ein. Bei den allermeisten Strickanleitungen für Oberteile ist die Oberweite, also der Brustumfang das „Maß aller Dinge“. Grundsätzlich ist es auch in Ordnung, sich daran zu orientieren. Doch je nachdem, wie deine Proportionen sich gestalten, lohnt sich ein Blick auf die (hoffentlich!) in der Anleitung angegebenen zusätzlichen Maße.

Und damit die einen praktischen Nutzen für dich haben, brauchst du die entsprechenden Maße deines Körpers!

So nimmst du Maß – deine Körpermaße für die perfekte Passform deines Strickstücks

Natürlich kannst du auch versuchen dich selber, also allein, zu vermessen. Aber ganz ehrlich? Das ist ein Unterfangen, das noch bei Oberweite und Hüfte funktionieren mag, aber wenn es um die Schulterbreite geht, kommst du allein nicht besonders weit.

Wenn du keinen Partner zum Helfen parat hast, wie wäre es, das Projekt „Maßnehmen“ gemeinsam mit einer Strickfreundin in Angriff zu nehmen? Das ist doch eine Win-Win-Situation, und zu zweit macht es sicherlich mehr Spaß, als wenn man allein mit einem Maßband vorm Spiegel herumkämpft.

Zum Vermessen des Körpers benötigt man ein möglichst weiches, flexibles Maßband, Zettel und Stift. Idealerweise hat man nur Unterwäsche an, weil die Maße durch ein Zuviel an Kleidung verfälscht würden. Und dann kann es losgehen!

Das Ausmessen der Brust

Stelle dich gerade und entspannt hin, die Arme hängen locker seitlich herunter.
Das Maßband wird an der vollsten Stelle deiner Brust um den Oberkörper herumgeführt. Bitte darauf achten, dass das Maßband glatt um deinen Rücken und waagerecht, also parallel zum Boden verläuft. Das Maßband nicht zu stramm ziehen, es sollte aber so eng anliegen, dass es nicht herunterrutscht.
Wenn du normalerweise einen BH trägst, ziehe ihn auch an, wenn du deine Oberweite misst oder messen lässt. Da er vermutlich die Form und die Position deines Busens beeinflusst, ist es sinnvoll, so zu messen.

Wenn du eine größere Oberweite hast, bitte zusätzlich auch über dem Brustansatz, also unterhalb der Achseln messen. Dies ergibt die Oberbrustweite. Es gilt das gleich wie zuvor: Das Maßband waagerecht um den Oberkörper herumführen und nur leicht festziehen.

Die Brusttiefe wird gemessen, indem das Maßband vom seitlichen Ende des Halses bis zur Brustwarze hinabgeführt wird. Dabei wirklich gerade stehen!

Solltest du niemanden zum Helfen haben, stellst du dich am besten vor einen Spiegel, damit du den richtigen Verlauf des Maßbandes kontrollieren kannst. 

Das Ausmessen der Schulterbreite

Du stehst gerade und entspannt. Dein(e) Helfer(in) sucht nun deine Schulterpunkte. Sie befinden sich oberhalb der Schulterblätter: Dort, wo die Schulter auf den Arm trifft bzw. wo die Schulter beginnt, sich in den Arm zu wölben. Das Maßband wird nun von einer zur anderen Seite über den Rücken geführt, dabei der natürlichen Wölbung des Rückens folgen.

Wenn niemand da ist, der dir beim Ausmessen helfen kann, nimm ein gut sitzendes Hemd oder Shirt mit Ärmeln und miss hier die Breite von Ärmel zu Ärmel oberhalb der Schulterblätter.

Das Ausmessen des Rückens

Gerade und entspannt stehen – das Maßband wird nun vom oberen Nackenwirbel herab zur Taille geführt. Wenn du deinen Kopf leicht nach vorn hängen lässt, ist der obere Nackenwirbel übrigens leicht zu sehen oder zu ertasten.

Hast du niemanden zum Helfen, kannst du dir bei einem T-Shirt oder Unterhemd die Position der Taille mit einer Sicherheitsnadel markieren und dann (wenn du das Shirt wieder ausgezogen hast) vom rückwärtigen Halsausschnitt bis zur Markierung messen.

Das Ausmessen des Arme

Um den Oberarmumfang zu bestimmen, hältst du den Arm seitlich etwas hoch – das Maßband wird nun um die breiteste Stelle des Oberarmes geführt.

Entsprechend wird auch das Handgelenk vermessen.

Für die (Innen-)Armlänge wird das Maßband bei gerade gehaltenem Arm von der Achsel bis zum Handgelenk geführt.

Die äußere Armlänge misst du von der Armkugel über den Ellenbogen bis zum Handgelenk.

Das Ausmessen der Hüftweite

Um den Hüftumfang zu bestimmen, wird das Maßband an der breitesten Stelle der Hüfte einmal ganz um sie herumgeführt. Wie bei der Oberweite muss das Maßband gerade und parallel zum Boden herumgeführt werden. Nicht zu stramm ziehen, aber auch nicht zu locker lassen. Die Füße hältst du dabei geschlossen.

 

 

Das Ausmessen des Halses

Um die Breite des Halses auszumessen, wird das Maßband lose um den Hals gehängt, die Enden baumeln vorn herunter. Mit einem zweiten Maßband oder einem Lineal misst man nun den äußeren Abstand zwischen den beiden Endes des Maßbandes.

Für die vordere Halstiefe bleibt das Maßband in derselben Position. Ein Lineal wird nun gerade und direkt über die Schlüsselbeinknochen gehalten. Die vordere Tiefe des Halses bestimmt man, indem man von der Schulter herab bis zum Lineal die Zentimeter auf dem Maßband abliest.
 

Das Ausmessen der Taille

Aufrecht stehen – und bitte den Bauch nicht einziehen 😉 oder die Muskeln anspannen. Es soll ja genau werden.

Das Maßband wird an der schmalsten Stelle der Taille, das ist meist direkt über dem Bauchnabel, um den Bauchbereich geführt. Wieder gilt: Das Maßband leicht straff, aber nicht zu fest ziehen.

Tipp: Wenn du dir nicht sicher bist, wo deine natürliche Taille ist, beuge dich leicht zur Seite.  Dort, wo dein Körper nun Falten bildet, liegt deine Taillenlinie.

Letzte Tipps für genaue Maße

Messungen zweimal vornehmen
Doppelt hält besser: Es empfiehlt sich, jede Messung mindestens zweimal zu machen, um auf der sicheren Seite zu sein. Wenn die beiden Messungen stark voneinander abweichen, nimm eine dritte Messung vor, um das tatsächliche Maß herauszufinden.

Locker stehen
Die Körperhaltung ist das A und O beim Ausmessen des Körpers! Vermeide es, steif zu stehen oder deinen Bauch einzuziehen, da dies zu ungenauen Ergebnissen führen kann. Versuche wirklich, in deiner natürlichen, entspannten Haltung Maß nehmen zu lassen – auch, wenn sich das vielleicht ein bisschen komisch anfühlt zu Beginn.

Angemessene Kleidung
Beim Vermessen trägst du am besten nur Unterwäsche oder sehr dünne, eng anliegende Kleidungsstücke. Schlabberkleidung kann deine Maße um zusätzliche Zentimeter anheben und die Ergebnisse verfälschen und damit ziemlich wertlos machen.


Fazit

Man muss in der Tat nicht unbedingt alle einzelnen der oben aufgeführten Maße von sich wissen, aber wenn man schon einmal beim Maßnehmen dabei ist, dann schadet es nicht, das Maßband einmal mehr anzusetzen.

Wenn man die Maße dann auch noch ordentlich irgendwo festhält – vielleicht hast du ja ein Stricknotizbuch? – dann weiß man später immer, wo man nachschlagen kann.

Und was man in der Praxis mit der Kenntnis der eigenen Maße machen kann, damit befassen wir uns in ein paar Wochen. Bleibt gespannt – und nun wünschen wir viel Spaß bei der „Maßarbeit“!

2 Kommentare

Andrea Aljets-Aust

Das ist ein sehr guter Artikel zum Thema Maßnehmen. Die Schemazeichnungen sind dabei sehr hilfreich. Wie schade nur, dass es immer noch viele Designs gibt, bei denen einige dieser Angaben fehlen.

Das ist ein sehr guter Artikel zum Thema Maßnehmen. Die Schemazeichnungen sind dabei sehr hilfreich. Wie schade nur, dass es immer noch viele Designs gibt, bei denen einige dieser Angaben fehlen.

Krey-Buntenbach Kirsten

Wunderbar, endlich wird das Thema der unterschiedlichen Proportionen angesprochen. Ich stricke wahnsinnig gern, liebe Eure Wolle, aber sobald ich etwas für mich stricke bin ich am Ende enttäuscht. Ich freue mich auf Eure Anleitung um genau das zu verhindern.

Wunderbar, endlich wird das Thema der unterschiedlichen Proportionen angesprochen. Ich stricke wahnsinnig gern, liebe Eure Wolle, aber sobald ich etwas für mich stricke bin ich am Ende enttäuscht. Ich freue mich auf Eure Anleitung um genau das zu verhindern.

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