Von Claudia Ostrop
Noch vor gar nicht so langer Zeit wurden die meisten Pullover und Jacken in Einzelteilen gestrickt und anschließend zusammengenäht. Rund wurden meist nur Mützen, Socken und Handschuhe gefertigt.
Im Laufe der Zeit hat sich das nahtlose Stricken am Stück für Oberteile aber immer mehr durchgesetzt. Auch in den Pascuali-Anleitungen setzen wir auf diese Konstruktionsweise.
Na, wer hat Stricken noch auf den langen, so genannten Jackennadeln gelernt, die irgendwie seitlich immer im Weg waren? Neben den Vorteilen, die eine rundgestrickte, nahtlose Konstruktion mit sich bringt, geht das Stricken auf Rundnadeln auch viel weniger auf die Gelenke und man benötigt viel weniger Platz zur Seite.
In diesem Blog-Post werden wir die Grundlagen des Strickens in Runden erläutern, Tipps und Tricks verraten und verschiedene Arten von Rundstricknadeln vorstellen.
Grundlagen des Strickens in Runden
Beim Stricken in Runden wird das Strickstück kontinuierlich in einer spiralförmigen Bewegung gearbeitet, ohne dabei die Arbeit am Ende einer Reihe zu wenden. Stattdessen strickt man in einem fort, Runde um Runde, weiter.
Man erspart sich am Ende das mühselige Zusammennähen der Einzelteile (und schlimmstenfalls wulstige Nähte!) und kann z.B., wenn von oben nach unten gestrickt wird, zwischendurch auch Anprobieren und so den Sitz und die Länge des Kleidungsstücks kontrollieren. Das kann manch böse Überraschung vermeiden!
Was benötigt man fürs Stricken in Runden?
Stricken in Runden ist kein Hexenwerk und man benötigt nicht mehr oder weniger Zubehör, als wenn man in Hin- und Rückreihen strickt.
Man braucht natürlich Rundstricknadeln: Diese bestehen aus zwei kurzen Nadelspitzen, die durch ein flexibles Kunststoffseil miteinander verbunden sind.
Die Nadelspitzen gibt es in Holz, Bambus, Kunststoff oder Metall; die Verbindungsseile
in den unterschiedlichsten Längen von ganz kurz bis extralang – für jedes Projekt passend lang.
Damit der Rundenanfang eindeutig markiert werden kann, braucht es Maschenmarkierer: Die kleinen Ringe helfen auch dabei, Zu- und Abnahmen stets an der richtigen Stelle vorzunehmen. Man kann natürlich auch aus Wollresten kleine Schlaufen knoten, die man an den sprechenden Stellen über die Nadel hängt, in der Tat geht es aber mit Maschenmarkierern aus Metall oder Kunststoff leichter. Und schöner sind meist auch 😉
Natürlich auch hilfreich, eine Schere zur Hand zu haben und am Schluss eine Wollnadel zum Vernähen der Fäden. Ein Maßband oder ein Rundenzähler können ebenfalls gute Dienste leisten.
Dass ihr auch Garn benötigt, müssen wir wohl nicht extra erwähnen.
Der Maschenanschlag
Der Maschenanschlag beim Stricken in Runden unterscheidet sich nicht vom Anschlag zum Stricken in Reihen. Man kann jede Methode, vom normalen Kreuzanschlag bis hin zu provisorischen Anschlägen, anwenden.
Wichtig ist, eine Seillänge zu wählen, die zumindest grob zum Umfang des Gestricks passt: Ist es zu kurz, muss man die Maschen zu eng zusammenquetschen. Ist es zu lang, schafft man es nicht, die erste und die letzte Masche zur Runde zu verbinden. Zur „richtigen“ Nadellänge kommen wir weiter unten noch.
Die Maschen werden auf der (rechten) Nadelspitze genauso angeschlagen, wie man es auch tun würde, um in Reihen zu stricken.
Verbinden zur Runde
Der entscheidende Punkt ist beim Rundstricken das Verbinden der Maschen:
Ist die letzte Masche angeschlagen schiebt man die Maschen vom Beginn des Anschlags auf die linke Nadelspitze und beginnt dann mit Stricken der zuerst angeschlagenen Masche. Aber Vorsicht: Es passiert leider ziemlich schnell, dass die Maschen auf der Rundnadel sich verdrehen. Wenn man das nicht bemerkt, strickt man im schlimmsten Fall keinen Schlauch sondern ein in sich verdrehtes Möbius-Band.
Je mehr Maschen angeschlagen worden sind, desto höher ist die „Gefahr“ des Sich-Verdrehens. Deshalb sollte man, bevor man zur Runde verbindet, die Nadel gerade vor sich hinlegen und gucken, ob wirklich alles in Ordnung ist.
Bei sehr dünnem Garn ist das mitunter gar nicht so offensichtlich. Hier könnte man zunächst auch eine Reihe stricken und das eigentliche Verbinden zur Runde erst danach vollziehen. Die Lücke wird – gerade bei dünnem Garn – nicht so groß sein, dass man sie nicht problemlos beim Vernähen des Anfangsfadens schließen kann.
Tricks für eine unsichtbare Verbindungsstelle
Für einen besonders unsichtbaren Übergang beim Verbinden zur Runde gibt es zwei einfache Tricks:
Der eine ist, beim Abstricken der ersten Masche in der ersten Runden den Arbeitsfaden und das Fadenende vom Anschlag zusammenzuhalten. Danach das Fadenende wieder fallen lassen. Mit dem Fadenende kann man dann die Verbindungsstelle gegebenenfalls etwas stramm ziehen.
Eine weitere Möglichkeit ist es, eine Masche zusätzlich anzuschlagen. Dann hebt man die erste Masche von der linken Nadelspitze auf die rechte. Die zusätzlich angeschlagene Masche wird über die erste Anschlagsmasche gehoben. Diese kommt nun zurück auf die linke Nadelspitze. Fadenende und Anfangsfaden stramm ziehen und los geht es mit dem Abstricken.
Die erste Runde
Möchte man einen Maschenmarkierer zum Markieren des Rundenbeginns setzen, wird dieser jetzt auf die rechte Nadelspitze gehoben. Dann geht es im vorgegebenen Muster los. Die erste Runde strickt sich – wie auch eine erste Reihe – oftmals etwas hakelig ab, weil es den Anschlagsmaschen an Elastizität fehlt. Hat man das Rundenende erreicht, wird der Maschenmarkierer wieder übergehoben. Am besten kontrolliert man auch jetzt noch einmal, dass wirklich alle Maschen in die gleiche Richtung gucken und man keine ungewollte Spirale eingebaut hat. Und dann geht es weiter, wie in der Anleitung beschrieben (oder was man sich eben selber vorgenommen hat).
Verschiedene Arten von Rundstricknadeln
Kommen wir also zur Hauptdarstellerin der Rundstrick-Technik: der Rundnadel. Es gibt verschiedene Arten von Nadeln, mit denen man in der Runde stricken kann, und die ihr auch bei uns im Shop bekommt.
Feste Rundstricknadeln
Da gibt es zum einen feste Rundstricknadeln. Sie bestehen aus zwei Nadelspitzen, die durch ein Kunststoffseil fest miteinander verbunden sind. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Nadelspitze und Seillängen.
Austauschbare Nadelspitzen/Seilsysteme
Wer oft mit unterschiedlichen Nadelstärken und wechselnden Seillängen strickt, für den sind austauschbare Nadelsysteme die ideale Möglichkeit, flexibel auf alle (Strick-)Bedürfnisse reagieren zu können, ohne ein ganzes großes Lager von Stricknadeln vorhalten zu müssen.
Bei diesen Systemen, die es von verschiedensten Herstellern gibt, sind die Nadelspitzen nicht fest mit dem Seil verbunden sondern werden mit diesem zusammengeschraubt oder -geclickt. Man kann Spitzen und Seile immer wieder neu kombinieren und z.B. auch während des Strickens die Spitzen oder das Seil wechseln, wenn die Anleitung dies erfordert. In unserem Shop findet ihr zahlreiche Sets, mit denen ihr eine gute Grundausstattung bekommt. Zusätzliche Nadelspitzen oder Seile lassen sich jederzeit einzeln nachkaufen.
Nadelspiele
Sie sind die Klassiker zum Sockenstricken und werden deshalb auch oft einfach „Sockennadeln“ genannt – Nadelspiele bestehen in der Regel auf fünf kurzen, geraden Nadeln, die an beiden Enden Spitzen haben. Die Maschen der Runde werden gleichmäßig auf vier Nadeln verteilt und mit der fünften Nadel abgestrickt. Sie eignen sich sehr gut für kleine Umfänge, allerdings ist das Handling von fünf Nadeln gleichzeitig nicht jedermanns Sache.
Flexibles Doppelspitzensystem
Seit ein paar Jahren gibt es ein Mittelding zwischen Nadelspiel und Rundnadel:
Die Nadeln bestehen aus zwei recht kurzen Spitzen, die mit einem sehr kurzen Seil verbunden sind. Das Verbindungsstück ist flexibel, hat aber eine leichte Biegung vorgegeben, so dass die Nadeln eine ganz leichte C-Form aufweisen. Gestreckt sind sie ungefähr so lang wie normale Sockennadeln.
Hier wird mit drei Nadeln gearbeitet: Auf zweien befinden sich die Maschen, abgestrickt wird mit der dritten.
Arten von Nadelspitzen
Nadelspitzen (oder Nadelspiele) gibt es in verschiedenen Materialien:
Metall, Holz, Bambus oder Kunststoff. Dabei gibt es kein besser oder schlechter. Alle Werkstoffe haben ihre Vor- und Nachteile und so ist die Wahl der Nadel eine Frage des persönlichen Geschmacks. Mit etwas Strickerfahrung weiß man, womit man selber am besten zurechtkommt.
Aber nicht nur im Material variieren Nadeln, auch in ihren Spitze können sie sich unterscheiden. Neben den „normalen“ Spitzen gibt es so genannte Lace-Spitzen, die besonders spitz zulaufen und besonders für sehr filigrane Strickmuster geeignet sind.
Tipps und Tricks für das Stricken in Runden
Die richtige Seillänge
In den meisten Anleitungen wird angegeben, wie lang eine Rundstricknadel für das jeweilige Projekt sein sollte. Generell gilt: Die Länge muss zum Umfang des Kleidungsstücks bzw. jeweiligen Strickteils passen, genaugenommen sollte sie immer ein wenig kürzer sein als der Umfang des Strickelements.
Ist die Rundstricknadel zu lang, ist das Stricken sehr unangenehm, weil man die Maschen mühsam nachschieben oder -ziehen muss, um sie auf die linke Nadelspitze zu bekommen. Das tut weder den Händen noch dem Gestrick gut. Ist die Nadel hingegen zu kurz, drängen sich die Maschen auf zu engem Raum – auch kein Vergnügen.
Für geringe Umfänge wie z.B. bei Ärmeln oder für Socken gibt es extrakurze Rundstricknadeln. Sie haben entsprechend auch sehr kurze Nadelspitzen und sind deswegen ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Wenn das zu fummelig ist, bietet sich der Wechsel auf Nadelspiel oder die flexiblen Doppelspitzen an. Oder man versucht es mit dem so genannten Magic Loop.
Die „Magic Loop“-Methode
Mit dem Magic Loop – übersetzbar mit Zauberschlaufe – können kleine Umfänge auf einer langen Rundnadel gestrickt werden. Das Seil sollte eine ordentliche Länge (wenigstens 80 cm) haben und schön flexibel sein. Ist das Seil zu kurz oder zu steif ist die Methode nicht so gut auszuführen. Beim Magic Loop werden alle Maschen angeschlagen und auf dem Seil verteilt. In der Mitte der Maschen wird das Seil der Rundstricknadel wie eine Schlaufe herausgezogen. Wie das genau funktioniert, haben wir euch in Wort und Film in diesem Tutorial zum Magic Loop erklärt.
Jogless Stripes
Wenn man Streifen in Runden strickt, kommt es beim Farbwechsel zu einem unschönen Versatz. Indem man z.B. nach einem Farbwechsel die erste Masche der zweiten Runde in der neuen Farbe nur abhebt, anstatt sie zu stricken, erreicht man die so genannten „jogless stripes“, Streifen ohne Absätze. Diese und weitere Möglichkeiten, unsichtbare Streifenübergänge zu stricken, haben wir hier schon einmal detailliert erklärt.
Vermeidung von Leitern
Beim Übergang zwischen zwei Nadelspitzen (z.B. bei der Verwendung von Nadelspielen oder auch beim Magic Loop) können sogenannte "Leitern" entstehen – sichtbare Lücken an der Stelle zwischen den Nadeln. Um das zu vermeiden hilft es, die erste Masche auf der neuen Nadel besonders fest anzuziehen. Alternativ wechselt man die Übergangsstelle immer mal wieder, damit die ungewollte Überdehnung beim Maschenübergang nicht immer an der gleichen Stelle passiert.
Maschenmarkierer benutzen
Um beim Stricken in der Runde nicht den Überblick zu verlieren, sind Maschenmarkierer unerlässlich. Besonders am Rundenanfang sind sie unerlässlich, denn je weiter man vom Maschenanschlag entfernt ist, desto weniger lässt sich noch feststellen, wo genau die Runde endet oder beginnt. Und natürlich sind sie auch vonnöten, um innerhalb der Runde Zu- und Abnahmepunkte zu markieren.
Fazit
„In Runden stricken? Das kann ich nicht!“ muss wirklich niemand sagen – wir haben euch hoffentlich zeigen können, dass Rundstricken ganz und gar nicht schwieriger ist, als in Reihen zu stricken.
Es erspart das Zusammennähen, die ein oder andere linke Masche muss auch nicht gestrickt werden (glatt rechts in Runden!) und man kann ein Teil viel besser zwischendurch anprobieren. Wer also bisher noch hin und her und in Einzelteilen strickt, dem sei wärmstens ans Herz gelegt, sich an eine rundgestrickte Anleitung zu machen.
Vielleicht für den Anfang ein Schlauchschal? Oder eine Mütze? Ein Paar Socken oder gleich ein Pullover?
Traut euch einfach – ran an die Rundnadel!