Wie strickt man nach Strickschriften? - Pascuali

Wie strickt man nach Strickschriften?

Gleich zu Beginn eine gute und eine schlechte Nachricht. 
Die Gute: Strickschriften können das Stricken von Mustern sehr vereinfachen, weil die Anordnung der verschiedenen Maschen mittels eines Diagramms dargestellt wird, d.h. man sieht, wie das fertige Muster im Gestrick aussehen soll. 
Die Schlechte: Strickschriften sind (wie vieles in der Strickwelt) nicht normiert. Schreib- und damit Lesweisen genauso wenig wie die verschiedenen Symbole die für einzelnen Maschentypen.

Von Claudia Ostrop

Gleich zu Beginn eine gute und eine schlechte Nachricht. 
Die Gute: Strickschriften können das Stricken von Mustern sehr vereinfachen, weil die Anordnung der verschiedenen Maschen mittels eines Diagramms dargestellt wird, d.h. man sieht, wie das fertige Muster im Gestrick aussehen soll. 
Die Schlechte: Strickschriften sind (wie vieles in der Strickwelt) nicht normiert. Schreib- und damit Lesweisen genauso wenig wie die verschiedenen Symbole die für einzelnen Maschentypen.

Aber es gibt einen groben Rahmen, in dem sich die meisten Strickschriften bewegen – natürlich auch die Pascuali-Anleitungen. Wir erklären euch im Folgenden die Grundlagen von „Charts“, wie die Kästchendiagramme im Englischen heißen und gehen – sicher ist sicher – auf ein paar Sonderfälle ein.

Strickschriften – mustergültig stricken

Eine Strickschrift ist grundsätzlich zunächst nichts anderes als ein Raster, in dem einzelne Maschen mit Symbolen bzw. Farben gekennzeichnet sind. Man strickt Masche für Masche den einzelnen Kästchen folgend. Eigentlich ist das ein bisschen wie „Malen nach Zahlen“! Im Gegensatz dazu ist es aber nicht egal, wo man anfängt und in welche Richtung es geht.
Das Kästchenmuster der Strickschriften wird nicht von oben nach unten und von links nach rechts gelesen, sondern genau andersrum: 
Von unten nach oben, und begonnen wird rechts. Warum? 
Das ist eigentlich logisch, denn man liest das Diagramm so, wie man auch strickt. Man arbeitet Masche für Masche auf den Nadeln von rechts nach links ab und baut neue Reihen und Runden nach oben hin auf.
In einer Strickschrift ist all das festgehalten, das man in einem festgelegten Abschnitt stricken muss: Zu- und Abnahmen genauso wie rechte oder linke Maschen, Umschläge, Zöpfe, Farbwechsel usw.

Der Musterrapport

Im einfachsten Fall bildet die Strickschrift einen rechteckigen Bereich ab (z.B. 15 Maschen über 10 Runden/Reihen), der entsprechend der Anleitung in Breite und Höhe wiederholt wird. Die einzelnen Maschenarten sind durch Symbole gekennzeichnet, die in der dazugehörigen Legende erklärt werden.

Wenn das zu Muster, der so genannte Rapport, sich nicht komplett über die ganze Runde oder Reihe wiederholt, dann bildet die Strickschrift häufig auch die „Ränder“ des Gestricks grafisch ab. Der dazwischen zu wiederholende Bereich wird dann innerhalb der Strickschrift farbig umrandet.  

Wenn innerhalb der Strickschrift Zu- oder Abnahmen dargestellt sind, gibt es mehrere Wege, dies abzubilden. Das Diagramm kann Schrägungen an einer oder beiden Außenkanten aufweisen, oder aber die Reihen/Runden vor bzw. nach den Zu- bzw. Abnahmen werden als weiße Leerräume (ohne das Kästchenmuster) dargestellt.

Gehen wir jetzt mal von voll ausgefüllten Diagrammen aus (um die anderen kümmern wir uns später). Die Maschen und die Reihen bzw. Runden sind in der Regel durchnummeriert: von 1 bis x für die Maschen und für die entsprechende Anzahl von Reihen oder Runden.

Stricken in Runden nach Strickschrift

Die erste Masche des Musterrapports ist das Kästchen unten rechts: Damit beginnt man und strickt weiter bis zum linken Ende dieser Diagramm-Reihe. Bis zum Ende der Runde wird dieser Abschnitt dann wiederholt – so, wie es die Anleitung vorgibt. Die nächste Runde beginnt in der Strickschrift eine Reihe höher, wieder mit der Masche ganz rechts. So strickt man weiter, bis man das Diagramm in der Höhe abgearbeitet hat. Je nachdem, was man strickt, wiederholt man das Muster der Strickschrift auch noch ein oder weitere Male. 
Also: von unten nach oben, von rechts nach links.

Stricken in Reihen nach Strickschrift

Jetzt wird es etwas komplizierter, zumindest auf den ersten Blick. 
Auch hier beginnt man mit der Masche ganz unten, ganz rechts im Diagramm. 
Der ersten Reihe der Strickschrift wird von rechts nach links gefolgt und der Rapport wiederholt, sooft es die Anleitung vorgibt - diese Info steht in der ausgeschriebenen Anleitung; der Strickschrift kann man dies nicht entnehmen (denn das variiert z.B. auch bei verschiedenen Größen). 
Im Idealfall bildet die Strickschrift alle Reihen ab (die Kästchenreihen sind immer nummeriert, die Hinreihen-Nummern stehen meistens rechts und die der Rückreihen am linken Rand). Die Rückreihe wird dann so gestrickt, dass die Strickschrift von links nach rechts „abgearbeitet“ wird. Hier heißt es ein bisschen aufpassen:
Die meisten Strickschriften bilden das Muster so ab, wie es später im fertigen Strickstück aussehen soll. Das ist sehr hilfreich, weil man so auf einen Blick das spätere Resultat sehen kann. Es bedeutet aber auch, dass die Symbole in Hin- und Rückreihen zum Teil ihre Bedeutung ändern! Doch keine Sorge, die Legende weist darauf hin. Ein ungefülltes Kästchen steht meistens für eine rechte Masche, ein schwarzer Kuller für eine linke Masche. In der Legende heißt es dann neben diesen Symbolen „In HR: rechts, in RR: links“ und umgekehrt. Hört sich vielleicht verwirrend an, aber wenn das Diagramm das Muster so abbildet, wie es aussehen soll, ergibt sich ganz schnell, wie eine Masche gestrickt werden muss.

Nun gibt es aber auch Muster, bei denen in Rückreihen z.B. alle Maschen komplett links gestrickt werden – in solchen Fällen verzichten manche Designer auf die grafische Darstellung dieser Rückreihen. Das bedeutet also, ein bisschen aufzupassen und zu lesen, was die Anleitung zur Strickschrift sagt.

Löcher und Lücken in der Strickschrift?

Nicht immer ist eine Strickschrift ein vollständig ausgefülltes Rechteck. Warum das? Ganz einfach: Werden im Verlauf des Musters Zu- oder Abnahmen gearbeitet, müssen die zu Beginn fehlenden oder zum Ende hin verschwindenden Maschen im Diagramn irgendwie berücksichtigt werden. Ihr ahnt es schon… viele Wege führen nach Rom, und so gibt es bei veränderlicher Maschenzahl verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung der Strickschrift.
Bei Zu- oder Abnahmen im Verlauf der Strickschrift werden entweder „no stitch – keine Masche“-Platzhalter verwendet und der Rapport findet sich in einem rechteckigen Rahmen –  oder aber die Chart breitet sich bei Zunahmen aus oder wird schmäler, wenn im Verlauf der Reihen oder Runden abgenommen wird. Das sieht vollkommen unterschiedlich aus, macht aber keinen Unterschied. Bereiche, in den es keine Maschen gibt – egal ob sie erst später durch Zunahmen entstehen müssen oder ob sie durch vorherige Abnahmen nicht mehr da sind – sind idealerweise schlicht weiß, ohne Kästchenmuster. Sie können jedoch auch durch Kreuze/x-Zeichen „durchgestrichen“ sein oder farblich abgehoben – hier hilft nur der Blick in die Legende.

Strickschrift oder ausgeschriebene Anleitung?

Wenn es um farbige Einstrickmuster wie Fair Isle geht, macht eine ausgeschriebene Anleitung meist wenig Sinn. Die Farbwechsel lassen sich sehr gut in einer Strickschrift darstellen und beim Stricken abzählen. 3re blau, 3re grün, 1re blau, 2re grün etc. zu lesen und umzusetzen wird vermutlich den meisten von uns schwerer fallen, als das Muster farbig abgebildet der Strickschrift zu entnehmen.

Wer sich mit Strickschriften nicht so sehr anfreunden kann, der ist vermutlich froh darüber, dass bei Lace- oder Strukturmustern die meisten Anleitungen auch die ausgeschriebene Beschreibung der Muster anbieten. Gerade bei komplizierten Mustern mit vielen verschiedenen Maschenarten kann es einfacher sein, in der Anleitung den Abkürzungen zu folgen als eine Strickschrift mit sehr vielen verschiedenen Symbolen nachzuarbeiten. Oder man strickt einfach nach beiden Ansätzen – die ausgeschriebene Anleitung kann gerade in den ersten Reihen oder Runden z.B. eines Lace-Musters hilfreich sein, wenn man aber das Muster „durchschaut“ hat, reicht es häufig, sich mit einem Blick an der Chart zu orientieren.

Wie so oft im Leben ist es letztlich Geschmackssache, womit man besser klarkommt. Visuelle Typen werden zumeist nach Strickschrift arbeiten, während anderen die Masche für Masche ausgeschriebene Anleitung mehr liegt. Nebenbei gesagt wird auch die Qualität der Darstellung einer Strickschrift stets einiges ausmachen – ist sie groß genug und gut lesbar strickt es sich gleich viel besser, als wenn man eine Lupe braucht, um die einzelnen Symbole zu erkennen.

Ein „Problem“ bei Strickschriften kann sein, dass man immer wieder suchen muss, in welcher Zeile man sich befindet. Hat man die Anleitung ausgedruckt kann man sich ganz gut behelfen, indem man ein Blatt Papier mit Büroklammern so über der Strickschrift befestigt, dass man die bereits gestrickten Reihen/Runden mit dem Blatt abdeckt. Es geht natürlich auch deutlich eleganter (und stabiler!) mit speziell für Anleitungen und Strickschriften konzipierte Halter. Damit behaltet ihr sicher den Überblick.

Ihr seht hoffentlich, dass Strickschriften kein Hexenwerk sind. Wenn man sich erst einmal mit den verwendeten Symbolen vertraut gemacht hat und man weiß, welche Reihen wie dargestellt sind, sind die „Charts“ in einer Anleitung oftmals eine wirkliche Erleichterung, um mit einem Blick zu sehen, was als nächstes zu tun ist! 

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