Von Claudia Ostrop
Vor einiger Zeit gab es hier schon einen ersten Teil zum Thema Patentmusterstricken.
Vorgestellt wurden Voll-, Halb- und falsches Patent und die verschiedenen Techniken, um die voluminösen Rippenmuster in Reihen und Runden zu stricken. Das war ein kleiner Rundumschlag für die Grundlagen.
Seid ihr fit für mehr? Heute wird es bunt, wir nehmen ab und zu – und stellen uns der Frage, was passiert, wenn mal eine Masche fällt.
Zweifarbiges Patent
Voll- und Halbpatent können auch zweifarbig gestrickt werden: Es ergibt sich damit eine Art senkrechtes Streifenmuster. Die rechten und linken Rippen erscheinen im farblichen Wechsel. Je nachdem, was für Farbkombinationen man wählt – eher Ton in Ton oder mit kräftigen Kontrasten – ergeben sich tolle Effekte. Wie auch für das normale Patentmuster gilt: Die üppigen Rippen, vor allem des Vollpatents, schlucken eine Menge Garn!Auch das falsche Patent kann natürlich zweifarbig gestrickt werden, aber da es sich dabei um ganz normale rechte und linke Maschen handelt, können nicht die Effekte erzielt werden wie beim echten Patent.
Zweifarbiges Vollpatent
Das Rippenmuster ist beim Vollpatent auf Vorder- und Rückseite identisch – die Farbgebung beim zweifarbigen Stricken jedoch nicht: Die dominierende Farbe besitzt jeweils die Rechtsrippe, also erscheint je nach Seite des Gestricks mal die eine, mal die andere der beiden Farben als Haupt- oder Vordergrundfarbe. Je nach Lust und Laune (und wenn alle Fäden sauber vernäht sind…) können Strickstücke also auch mal auf links getragen werden. Abhängig von der Farbkombination kann man mit zweifarbigem Vollpatent tolle Effekte erzielen.
Vollpatent mit Umschlägen, zweifarbig gestrickt in Reihen
Wichtig ist, dass ihr je nach Größe des Projekts eine Rundstricknadel oder zwei Nadeln eines Nadelspiels verwendet:
Jede Reihe wird zweimal hintereinander abgestrickt. Also zweimal die Hinreihe, dann zweimal die Rückreihe. Weil nach jedem 1. Durchgang einer Reihe die Maschen wieder zur rechten Nadelspitze geschoben werden, müssen beide Nadelenden zugänglich sein.
Überlegt euch, welche Farbe die dominante sein soll. Dies ist die Hauptfarbe (HF), die andere ist die Zweitfarbe (ZF). Mit der HF wird die gewünschte Maschenzahl angeschlagen.
Jetzt werden die Maschen zur rechten Nadelspitze geschoben und mit der Zweitfarbe weitergemacht:
Vorbereitungsreihe (ZF): Randmasche, (1abh U, 1li), Randmasche
Jetzt befinden sich beide Fadenenden auf der linken Seite der Nadel: Arbeit wenden.
Bei jedem Durchgang wird mit der Hauptfarbe begonnen!
Rückreihe 1 (HF): Randmasche, (1abh U, 1PM li), Randmasche
Rückreihe 2 (ZF): Randmasche, (1abh U, 1PM li), Randmasche
Hinreihe 1 (HF): Randmasche, (1PM re, 1abh U), Randmasche
Hinreihe 2 (ZF): Randmasche, (1abh U, 1PM li), Randmasche
Diese 4 Reihen werden nun stets wiederholt. Und eigentlich reicht es sich zu merken, dass jeder Durchgang einer Reihe mit der Hauptfarbe begonnen wird, die einfachen Maschen mit Umschlag abgehoben und die Maschen mit Umschlag mit diesem zusammengestrickt werden. Ob rechts oder links sieht man nach kürzester Zeit, weil die Rippen sehr klar erscheinen.
Vollpatent mit Umschlägen, zweifarbig gestrickt in Runden
Strickt man in Runden, läuft die Sache praktisch genauso, nur dass man nicht wenden muss sondern am Rundenende automatisch bei der nächsten Farbe ankommt. Man strickt die Runden abwechselnd in Haupt- und Zweitfarbe.
Mit der HF die gewünschte Maschenzahl anschlagen. Nun mit der Zweitfarbe weiterarbeiten:
Vorbereitungsrunde (ZF): (1abh U, 1li) bis Ende, zur Runde verbinden.
Nächste Runde (HF): (1PM re, 1abh U) bis Ende
Nächste Runde (ZF): (1abh U, 1PM li) bis Ende
… diese beiden Runden stets wiederholen.
Vollpatent mit tiefergestochenen Maschen, zweifarbig gestrickt in Reihen
Wer lieber mit tiefergestochenen Maschen als mit Umschlägen arbeitet, der kann natürlich auch das zweifarbig tun:
Mit der Hauptfarbe die gewünschte Maschenzahl anschlagen, Maschen zur rechten Nadelspitze schieben. Zur Zweitfarbe wechseln.
Vorbereitungsreihe (ZF): (1re, 1li) bis Ende.
Rückreihe 1 (HF): Randmasche, (1TM li, 1 re), Randmasche
Rückreihe 2 (ZF): Randmasche, (1li, 1TM re), Randmasche
Hinreihe 1 (HF): Randmasche, (1li, TM re), Randmasche
Hinreihe 2 (ZF): Randmasche, (1TM li, 1re), Randmasche
… diese vier Reihen stets wiederholen.
Vollpatent mit tiefergestochenen Maschen, zweifarbig gestrickt in Runden
Wie beim Vollpatent in Runden mit Umschlägen wechseln sich die beiden Farben hier Runde um Runde ab.
Die gewünschte Maschenzahl in der Hauptfarbe anschlagen. Mit der Zweitfarbe weiterarbeiten.
Vorbereitungsreihe (ZF): (1re, 1li) bis Ende, zur Runde verbinden.
Nächste Runde (HF): (1TM re, 1li) bis Ende
Nächste Runde (ZF): (1re, 1TM li) bis Ende
… diese beiden Runden stets wiederholen.
Zweifarbiges Halbpatent
Natürlich kann auch das Halbpatent zweifarbig gestrickt werden. Allerdings unterscheiden sich Vorder- und Rückseite hier deutlich. Die Rückseite sieht ganz und gar anders aus und hat mit dem klaren Rippenmuster der Vorderseite nichts zu tun.
Halbpatent mit Umschlägen, zweifarbig gestrickt in Reihen
Die gewünschte Maschenzahl mit der Hauptfarbe anschlagen. Wenden und 1re, 1li im Wechsel zurückstricken. Arbeit wenden.
Hinreihe 1 (ZF): Randmasche, (1li, 1abh U), Randmasche
Hinreihe 2 (HF): Randmasche, (1li, 1PM re), Randmasche
Rückreihe 1 (ZF): Randmasche, (1abh U, 1re), Randmasche
Rückreihe 2 (HF): Randmasche, (1PM li, 1re), Randmasche
… diese vier Reihen stets wiederholen.
Halbpatent mit Umschlägen, zweifarbig gestrickt in Runden
Mit der Hauptfarbe die gewünschte Maschenzahl anschlagen. Zur Zweitfarbe wechseln.
Nächste Runde (ZF): (1li, 1abh U) bis Ende
Nächste Runde (HF): (1li, 1PM re) bis Ende
… diese beiden Runden stets wiederholen.
Halbpatent mit tiefergestochenen Maschen, zweifarbig gestrickt in Reihen
Mit der Hauptfarbe die gewünschte Maschenzahl anschlagen. Arbeit wenden
Vorbereitungsreihe (HF): (1re, 1li) bis Ende. Wenden.
Hinreihe 1 (HF): Randmasche, (1li, 1TM re), Randmasche
Hinreihe 2 (ZF): Randmasche, (1li, 1re), Randmasche
Rückreihe 1 (HF): Randmasche, (1TM li, 1 re), Randmasche
Rückreihe 2 (ZF): Randmasche, (1li, re), Randmasche
… diese vier Reihen stets wiederholen.
Halbpatent mit tiefergestochenen Maschen, zweifarbig gestrickt in Runden
Mit der Hauptfarbe die gewünschte Maschenzahl anschlagen und zur Runde verbinden.
Vorbereitungsrunde (HF): (1re, 1li) bis Ende.
Nächste Runde (HF): (1TM re, 1li) bis Ende.
Nächste Runde (ZF): (1re, 1li) bis Ende.
… diese beiden Runden stets wiederholen.
Jetzt seid ihr in der Lage, herrlich dicke Rippenmuster zu stricken. Allerdings nur geradeaus und in einer Breite. Das reicht zwar für Schals, aber reicht euch das auch?
Nächstes Kapitel!
Zu- und Abnahmen bei (zweifarbigem) Patent
Damit die Rippenstruktur erhalten bleibt, müssen beim Stricken von Patentmustern immer doppelte Zu- oder Abnahmen gearbeitet werden, d.h. man nimmt immer zwei Maschen auf einmal zu oder ab.
Wir gehen bei der Erklärung nicht auf die einzelnen Arten von Patentmaschen ein. Mit „Patentmasche“ ist in jedem Fall die Patent-Rippe gemeint, egal, ob sie einen Umschlag hat oder tiefergestochen wurde.
Übrigens eignen sich die Zu- und Abnahmen beim Patent-Stricken nicht nur, um die Maschenzahl zu verändern: Kombiniert man Zunahmen mit geneigten Abnahmen, kann man mit den sich biegenden Rippen wunderschöne Muster „malen“.
Patent-Abnahmen
Je nachdem an welcher Stelle sie stattfinden, strickt man sie mit Neigungsrichtung: Wie bei „normalen“ Abnahmen also rechts- oder linksgeneigt.
Eine Abnahme im Patentmuster wird immer aus einem Trio, bestehend aus einer linken Maschen zwischen zwei rechten Patentmaschen, heraus gearbeitet.
Linksgeneigte Patentabnahme
Eine Patentmasche wie zum Rechtsstricken abheben. Die beiden folgenden Maschen (eine linke und die darauf folgende Patentmasche) rechts zusammenstricken. Die zuvor abgehobene Masche über die zusammengestrickten heben.
Rechtsgeneigte Patentabnahme
Eine Patentmasche wie zum Rechtsstricken abheben. Die folgende linke Masche nun rechts abstricken und die zuvor abgehobene Masche darüberziehen.
Diese Masche auf die linke Nadel heben und die nächste Patentmasche überheben.
Patent-Zunahmen
Um im Patentmuster zuzunehmen, werden aus einer bestehenden Patentmasche zwei zusätzliche herausgestrickt. Wo vorher eine war, sind hinterher drei Maschen:
In die Masche einstechen und den Faden wie zum Rechtsstricken durchholen – jedoch auf der Nadel lassen. Einen Umschlag arbeiten, noch eine rechte Masche stricken und dann von der Nadel gleiten lassen.
Hinweis zu tiefergestochenen Maschen: Hier wird auch die Zunahme tiefergestochen gemacht!
In der Folgereihe oder -runde werden die neuen Maschen ins bestehende Muster integriert, also rechts oder links, mit Umschlag oder tiefergestochen, gestrickt.
Bloß nichts fallen lassen…
Die Sorge vor fallen gelassenen Maschen oder anderen Fehlern beim Patentstricken ist nicht unberechtigt. Wir wollen hier niemandem etwas vormachen – es braucht schon eine gewisse Routine und Erfahrung mit Patentmaschen, um z.B. eine von der Nadel gefallene Masche wiederherzustellen. Beim zweifarbigen Patent ist es sogar noch etwas einfacher, weil die unterschiedlich farbigen Fäden etwas mehr Orientierung bieten. Wir setzen an dieser Stelle ein freundliches Lächeln auf überspringen dieses Thema.
Doch wir lassen euch natürlich nicht hilflos im Regen stehen, schließlich macht Patentstricken wirklich Spaß und nur weil es im Falle eines Falles kompliziert werden könnte, soll doch niemand schon im Vorfeld aufgeben. Oder?
Safety Line – ein Rettungsfaden für alle Fälle
Also ignorieren wir komplizierte Rettungsaktionen und gehen einen anderen Weg: Mit einer Safety-Line verliert ihr im Notfall ein wenig Zeit, aber nicht die Nerven!
Zieht einfach immer mal wieder einen so genannten Rettungsfaden durch die letzte Reihe. Wenn ihr dann später einen Fehler entdeckt oder eine Masche oder mehrere heruntergefallen sind, könnt ihr einfach bis zu dieser Safety Line herunterribbeln und die Nadel ganz einfach durch die Maschen führen – sie werden durch den Rettungsfaden perfekt markiert, alles ist an Ort und Stelle. Je nachdem, wie oft ihr die Safety Line „aktualisiert“, ist euch mehr oder weniger Strickzeit verloren gegangen, aber ehrlich – das ist nervenschonender, als mehr oder minder verzweifelt mit Umschlägen und undefinierbaren Reihen zu kämpfen, oder?
Am seidenen Faden
Ihr könnt die Safety Line einziehen, indem ihr einen Faden (am besten kontrastfarbig) mit einer Wollnadel durch alle Maschen auf der Stricknadel führt. Enden gute sichern! Was auch hervorragend funktioniert sind Maschenkordeln, jene dünnen, hohlen Silikonschnüre, die man auf eine Nadelspitze stecken kann und dann damit einfach durch alle Maschen durchfädelt.
Aber der ultimative Tipp ist für alle, die mit austauschbaren Nadelspitzen stricken: an der Verbindung von Nadelspitze zu -Seil sind ja kleine Löcher (für die Seilschlüssel). In dieses Loch fädelt ihr Zahnseide ein (am besten nicht zu dünne) und zieht es mit der Nadelspitze einmal durch alle Maschen! Wir hoffen sehr, ihr seid spätestens jetzt auf den Geschmack gekommen und macht euch an die schönen Pummel-Rippen ran. Lust, aber noch keine Inspiration? Dann nichts wie rüber zu unserem Knitalong: Gemeinsam stricken wir das wunderschöne Tuch „Visteria“ von der fabelhaften Julia @feinmotorik.blogspot, die dieses Design zur neuesten Ausgabe von Collezioni beigesteuert hat.