rosa p. im Interview

rosa p. im Interview

Ihre Designs sind ganz nach unserem Geschmack: Sie haben allesamt das gewisse Etwas, sind aber dabei wunderbar klassisch und haben das Zeug dazu, über viele Jahre Lieblingsstücke zu sein und keine modischen Eintagsfliegen.
Stricken verbindet Du liest rosa p. im Interview 12 Minuten

Von Claudia Ostrop

rosa p. – mit bürgerlichem Namen Rike Pacholleck – ist in der Handarbeitsszene schon seit langem eine feste Größe. Bereits seit 2007 gibt es ihren Blog. Zunächst präsentierte sie dort ihre zeitlos schönen Schnittmuster. Nach und nach hat sie die Nähnadel jedoch gegen Stricknadeln eingetauscht und erfreut Stricker:innen seit einigen Jahren mit ihren Strickmustern. Ihr Anleitungs-Spektrum umfasst von der Socke über Pullis, Jacken und Mützen alles, was das wollsüchtige Herz begehrt.

Ihre Designs sind ganz nach unserem Geschmack: Sie haben allesamt das gewisse Etwas, sind aber dabei wunderbar klassisch und haben das Zeug dazu, über viele Jahre Lieblingsstücke zu sein und keine modischen Eintagsfliegen.

Ihr neuestes Werk ist die Roosi Blouse – ein lässig geschnittener, locker-luftiger Pullover, den sie aus unserer Mohair Bliss entworfen hat. Es ist übrigens sogar ein Jubiläum, denn die Roosi Blouse ist Rikes 100. Strickanleitung. Wir freuen uns über das tolle Design und darüber, dass sich Rike ein bisschen Zeit für uns genommen hat.

Hallo liebe Rike, wie schön, dass du dir etwas Zeit für uns nimmst!

Du bist aus der deutschen Handarbeitsszene nicht mehr wegzudenken. Vom Nähen hin zum Stricken machst du zeitlos schöne Designs. Wie bist du dazu gekommen?

Hallo! Ich freue mich sehr, euch zu treffen!

Ja, wie bin ich dazu gekommen. Es war schon immer genau das, was ich machen wollte, aber es hat viele Jahre und viele Umwege gedauert, bis ich da war, wo ich schon immer hinwollte. Mir sind da eine ganze Menge Leben und viele Kinder dazwischen gekommen. 😊

Nach dem Abitur wollte ich eigentlich eine Schneiderlehre machen und anschließend auf die Modeschule für Meister in München gehen. Ich hatte bereits einen Lehrvertrag unterschrieben, allerdings waren meine Eltern dagegen, und so habe ich schlussendlich, eher aus Verlegenheit, angefangen, Pädagogik zu studieren. Als dann nach und nach meine fünf Kinder kamen, habe ich – es gab in den 80-iger und 90-iger Jahren keine wirklich ausreichende externe Kinderbetreuung – nur Teilzeit arbeiten können und bin dabei irgendwann, viele Jahre später, in einem Stoffgeschäft in Freiburg gelandet. Ich traf dort auf eine unglaubliche versierte Schneidermeisterin, die auch für einen großen und traditionsreichen Schnittmusterhersteller hier im Südwesten arbeitete. Von ihr lernte ich unendlich viel, in jeder Hinsicht. Sie brachte mir nicht nur die Grundlagen der Schnittmustererstellung bei, sondern zeigte mir auch, was in mir steckte.  

Mein Weg führte mich weiter zu einem großartigen Nähmaschinen-Hersteller. Ich arbeitete in dieser Zeit auf großen Messen und internen Schulungen für Fachhändler. Ich lernte dort – unter anderem – von der Pike auf, wie eine Nähmaschine funktioniert.  

In dieser Zeit begann ich dann, Bücher zu veröffentlichen. Obwohl die meisten mich aus der Retroperspektive wohl eher dem Nähen und Stricken zuordnen, war mein erstes Buch tatsächlich ein Häkelbuch! Es folgten mehrere sehr erfolgreiche Bücher mit klassischen, zeitlosen Schnittmustern, die noch immer aktuell sind und sich leicht verändern lassen.

Gestrickt habe ich in dieser Zeit natürlich auch – das war schon immer eine Art von Therapie für mich. Auf der einen Seite wie eine meditative Pause für das Gehirn, auf der anderen Seite aber auch immer total spannend. Stricken ist manchmal wie ein Krimi und ich kann einfach nicht aufhören. „Nur noch eine Reihe…!“

Stricken also – von wem hast du das gelernt?

Stricken habe ich von meiner Oma gelernt. Da war ich 7 Jahre alt. Meine Oma hieß übrigens Rosa und nach ihr habe ich damals, als die Welt des Internets noch recht übersichtlich war, auch meinen Blog und später dann mein Label benannt.

Meine Mutter hat meine Stricklust dann immer sehr unterstützt: Wolle (und Bücher) durfte ich immer haben. Das prägt! Ich habe sehr, sehr viel gestrickt, auch in der Schule und selbst während des Abiturs. Ich glaube, die Lehrer waren ganz froh drüber, denn dann war ich leise – und konzentriert. 😊

Kannst du dich erinnern, was dein erstes Strickprojekt war?

Natürlich! Das waren sechs genau gleiche Eierwärmer mit Bommeln. Die habe ich aus einem weiß-blauen Farbverlaufsgarn kraus rechts gestrickt – passend zu Omas Zwiebelmuster-Geschirr.

Später wurde es dann anspruchsvoller. Ich erinnere mich noch an einen Pullover, den ich (in den Religionsstunden in der Oberstufe) nach einer Anleitung aus der „Brigitte“ gestrickt habe. Er war so richtig 80iger-Jahre-Chic mit allem, was wir damals schön fanden: ganz viel Farbe und über Brust und Bauch verlief eine Straße, über die eine Schnecke kroch. Klingt schrecklich? Ich glaube, man könnte es heute wieder wagen, sowas zu tragen. 😊

Meine Emmi Blouse ist übrigens in Anlehnung an einen Pullover aus dieser Zeit entstanden. Ich hatte ihn zweimal gestrickt und ihn nie vergessen. Meine Mutter zeigte mir irgendwann einmal Fotos aus dieser Zeit und ich strickte den Pullover dann – modifiziert und nahtlos von oben nach unten – noch einmal.

Gestrickt habe in meinem Leben durchgängig und in jeder Lebenssituation. Als meine Kinder klein und meine Tage ausgefüllt waren, habe ich hauptsächlich Socken gestrickt, weil die einfach immer gebraucht wurden. Das ging auch im Halbschlaf, mit einem oder zwei Kindern auf dem Schoß und mit geschlossenen Augen zur Musik einer Spieluhr.

Wie entstehen deine Designs? Was inspiriert dich?

Ich habe eine Idee. Ich besorge das Garn. Ich mache eine Maschenprobe oder zwei oder drei. Ich rechne. Ich schreibe eine Anleitung.

Und dann fange ich an zu stricken. Und schmeiße in 90 Prozent der Fälle mein Konzept noch mal um, weil ich beim Stricken so viele gute Ideen habe, die genau zu diesem Garn in dieser Farbe passen. Und die viel besser aussehen als das, was ich ursprünglich geplant hatte. Das Garn hat also eindeutig das Sagen bei diesem Prozess. Und ich folge sozusagen seinen Anweisungen.

Quasi gesetzt ist bei mir nur eines: die Konstruktion an einem Stück. Ich mag es einfach sehr, wenn man zwischendurch auch mal anprobieren kann, deshalb stricke ich auch am liebsten von oben nach unten.

Ja, und ich orientiere mich natürlich auch an Trends. Für die Roosi Blouse habe ich z.B. etwas weitere Ärmel konzipiert. Allerdings sind sie nur so weit, dass sie auch noch praktisch sind. Ich möchte meine selbstgestrickten Schätzchen ja anziehen und mit ihnen meinen Alltag bewältigen können. Also sind die Ärmel so konzipiert, dass ich damit problemlos eine Kaffeetasse heben kann, ohne nass zu werden, meine Tastatur erreiche, ohne mich zu verheddern, die Hundeleine halten kann, ohne zu stürzen.

Und wenn wir schon bei der praktischen Seite meiner Arbeit sind: ich bin sehr strukturiert und organisiert. Bei mir läuft alles strikt getaktet und nach Zeitplan.

Das klingt für Viele nun wahrscheinlich ganz anders, als sie sich das Leben einer Designerin vorstellen. Nach außen nimmt man mich ja eher entspannt mit einer Tasse Kaffee und Strickzeug in der Hand wahr. Das entspricht natürlich nicht meiner Arbeitsrealität.

Als Ein-Frau-Unternehmen bin ich immer und für alles zuständig und das sozusagen 24/7. Da hilft nur Disziplin. Tatsächlich hilft mir die aber dabei, anschließend Zeit und Platz für Kreativität zu haben.

 

Mal ganz „materialistisch“ – was für Garne magst du am liebsten?

Am liebsten sind mir „ehrliche“ Garne ohne Firlefanz in guter Qualität. Ich mag klare Garne mit eigener Ausstrahlung in zurückhaltenden Farben. Das kann durchaus ein schlichtes Merino- oder Shetland-Garn sein, ein hochwertiges Sockengarn ohne synthetische Beimischung oder ein ehrliches Alpaka-Garn.

Was mir in Sachen Garne wirklich wichtig ist: ich möchte gern Wollfirmen und Färber:innen „vor Ort“, also hier bei uns in Deutschland und Europa, unterstützen. Unsere Branche funktioniert nur ordentlich, wenn wir alle irgendwie zusammenhalten. Und das ist gerade in Krisenzeiten besonders wichtig. Nur zusammen können wir es durch die nächste Zeit schaffen.

Mohair Bliss hebt sich ja ein bisschen von Merino- und Shetland-Wolle ab!?

Haha, ja, die Mohair Bliss ist wirklich ganz anders. Aber sie ist toll für den Sommer! Schön luftig, locker verstrickt – so ein Pullover oder Strickjäckchen passt dann auch großartig über ein Kleid! Ja, zum Frühjahr und Sommer hin muss es immer etwas Leichtes für mich sein. Da ist Mohair perfekt, und Mohair Bliss ist einfach ein Traum. Ein wirklich richtig tolles Garn seiner Art – Mohair ist ja wirklich nicht gleich Mohair

 Magst du sonst noch etwas zu den Garnen von Pascuali sagen?

Ich kenne Paul schon so lange und ich  mag seine Garne wirklich sehr gern. Das Sortiment von Pascuali umfasst ganz besondere und ungewöhnliche Garne, die es sonst nirgendwo gibt. Sie haben eine fantastische und wirklich einzigartige Qualität.

Pinta finde ich einfach grandios, und auch Nepal. Aus beiden Garnen habe ich schon Modelle entworfen. Für mein Piilo Shirt habe ich die Pinta doppelfädig verstrickt. Wunderbar!

Was mir besonders bei Pascuali gefällt, ist, dass das Sortiment verlässlich ist. Das ist für mich als Designerin gar nicht so unwichtig. Wenn ein Garn nach kurzer Zeit wieder vom Markt verschwindet, und ich habe es in einer meiner Anleitung verwendet, ist das für meine Kundinnen und mich nicht gerade angenehm.  

Eine Mutter liebt all ihre Kinder… hast du trotzdem ein Lieblings-Design?

Ach ja, da gibt es immer welche, die ich am liebsten trage, weil sie perfekt zu meinem Leben passen! Da wäre z.B. das Raakel Tee aus Pascuali Nepal, den klassischen Koora Sweater und Erikka Slipover mag ich sehr. Im Sommer finde ich Kate´s Longsleeve aus der seidigen Pascuali Cumbria wunderschön. Dieses Garn gibt der Rüsche am Saum einen großartigen, eleganten Schwung. Tatsächlich hat auch die Roosi Blouse aus der Mohair Bliss sofort mein Herz erobert und ich bin hier im Städtli damit derzeit fast täglich unterwegs.

Tatsächlich bin ich aber schon immer eigentlich eher Typ Cardigan bin – der Tavalli, der Piilo und der neue Luumi Cardigan sind meine Lieblinge.

Machst du alles allein oder hast du Unterstützung bei deiner Arbeit?

rosa p ist eine One-Girl-Show. Aber ich habe trotzdem Unterstützung. Da sind zum einen meine Teststrickerinnen, von denen einige schon viele Jahre an meiner Seite sind. Sie unterstützen mich mit großem Engagement bei den Tests und sind zusammen mit mir auch z.B. in meiner Facebook-Gruppe aktiv. Dort stehen wir gemeinsam den Strickerinnen mit Rat und Tat zu meinen Anleitungen zur Seite.  

Meine Anleitungen lasse ich einem (externen) technischen Lektorat unterziehen – ein wichtiger Faktor für die Qualität meiner Designs - und auch die englischen Übersetzungen mache ich nicht selbst.

Aber alles andere, wie die Erstellung und das Layout der Anleitungen, Fotos, die Texte für die Social Media, den Newsletter und auch die YouTube Video-Tutorials, das mache ich selbst. Die Strick-Tutorials sind übrigens dadurch zustande gekommen, dass ich meiner 7-jährigen Enkelin, die am anderen Ende der Republik wohnt, so auch auf die große Distanz das Stricken beibringen konnte. Und hier schließt sich für mich der Kreis: heute bin ich die Oma. Die Welt hat sich seit meiner Kindheit sehr verändert, aber noch immer stricken wir gemeinsam mit unseren Kindern und Enkeln und geben so eine alte Handwerkstradition weiter. 

Darf ich zum Schluss noch ein bisschen privat werden? Was machst du, wenn du mal kein Strickzeug in der Hand hast?

Ich bin viel draußen im Grünen! Mit meiner kleinen Hündin Hazel drehe ich gern Runden durch die Weinberge, die wir hier vor der Haustür haben. Ich fahre jeden Tag Rad – das Auto nehme ich nur im absoluten Notfall.

Ich bin gern hier in unserem kleinen Städtchen mit seiner bezaubernden mittelalterlichen Kulisse und dem Blick auf die Vogesen und den Rhein. Seitdem ich im letzten Jahr von Freiburg aufs Land gezogen bin, bin ich nur noch selten in der Innenstadt.

Seit diesem Umzug habe ich auch wenig Zeit dazu, denn wir haben uns mit dem Umbau eines sehr alten und zuvor lange unbewohnten Hauses eine Menge Arbeit zugelegt. Und weil mein Mann und ich auch da alles selbst machen, arbeiten wir seit einem Jahr daran, in unserer freien Zeit daran, das Erdgeschoss bewohnbar zu machen.

Wenn ich tatsächlich ein Zeitfenster habe, in dem ich weder auf dem Rad sitze noch die Hühner füttere, noch alte Bruchsteinmauern mit der Drahtbürste bearbeite, findet man mich in einem der Kaffees hier in meiner Stadt – mit dem Strickzeug in der Hand. 

 

( Hinweis: Einige Bilder wurden mit Hilfe einer KI erstellt. )

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