Die Bedeutung der Faserstärke für Garne: Mikron-Werte unter die Lupe genommen

Die Bedeutung der Faserstärke für Garne: Mikron-Werte unter die Lupe genommen

Warum fühlen sich manche Garne an wie eine watteweiche Wolke und andere eher wie ein Topfschrubber? Die Antwort ziemlich simpel: Es liegt an den Mikron-Werten der verwendeten Fasern. Was es mit dieser Maßzahl genau auf sich hat und ob mehr Mikron besser sind als weniger Mikron, das schauen wir uns im Folgenden einmal an.

Das Geheimnis hinter Mohair Bliss: Pauls Reise nach Südafrika Du liest Die Bedeutung der Faserstärke für Garne: Mikron-Werte unter die Lupe genommen 8 Minuten

Von Claudia Ostrop

Ganz klar: Es gibt ganz weiche Wolle und ziemlich kratzige Wolle. Und natürlich eine große Bandbreite dazwischen.

Aber warum fühlen sich manche Garne an wie eine watteweiche Wolke und andere eher wie ein Topfschrubber? Die Antwort ziemlich simpel: Es liegt an den Mikron-Werten der verwendeten Fasern. Was es mit dieser Maßzahl genau auf sich hat und ob mehr Mikron besser sind als weniger Mikron, das schauen wir uns im Folgenden einmal an

Mikron – Was verbirgt sich hinter der geheimnisvollen Zahl?

Das Tragegefühl eines Garns hängt ganz eng mit den Eigenschaften der Fasern zusammen, aus denen sie gesponnen wird. Ob wir ein Garn als weich oder kratzig empfinden, das wird von der Faserdicke bestimmt: Sie wird in Mikron gemessen.

Die Mikron-Werte sind ein entscheidender Indikator für die Faserqualität, da sie sich direkt auf Textur, Haltbarkeit und natürlich das allgemeine Gefühl, die Haptik des fertigen Garns, auswirken. Natürlich spielen auch Faserlänge und -struktur und nicht zuletzt der Spinnprozess eine entscheidende Rolle, was die Gesamtqualität des fertigen Garns angeht – das Gefühl auf der Haut wird dennoch primär von der Faserstärke bestimmt. Niedrigere Mikron-Werte stehen für feinere Fasern, höhere für gröbere Fasern.

Was genau ist ein Mikron?

Jetzt wird es kurz technisch: Ein Mikron, kurz für Mikrometer (und abgekürzt „µm“), ist eine Maßeinheit, die einem Millionstel Meter entspricht. Oder anders: 1000 Mikron sind 1 Millimeter. In unserem Fall gibt der Mikron-Wert den Durchmesser einer einzelnen Faser an, also wie dick (oder besser: wie dünn) sie ist. Denn genau das ist entscheidend, wenn es um die Qualität, den Komfort und die Haltbarkeit eines Garns geht.

Ein Beispiel: Fasern mit einem Durchmesser von 15 Mikron sind superfein und fühlen sich unglaublich weich an. Fasern mit 40 Mikron? Eher was für robuste Teppiche. Kurz gesagt: Je niedriger der Mikron-Wert, desto feiner die Faser – und desto luxuriöser das Garn. Zum Vergleich: Menschliches Haar bringt es auf 50 bis 150 Mikron.

Wie werden Mikron-Werte gemessen?

(Bild: Paul beim Untersuchen von Fasern)

Wie gerade schon gesagt: Ein Mikron entspricht einem Millionstel Meter. Das ist nichts für Lineal oder Maßband. Es bedarf deshalb ausgefeilter Messtechniken, um die Stärke einer Faser genau erfassen zu können.

Lasermikroskopie

Eine Möglichkeit ist die Lasermikroskopie. Bei diesem hochpräzisen Verfahren wird der Durchmesser einzelner Fasern unter einem besonderen Mikroskop mithilfe von Laserstrahlen gemessen.

OFDA (Optical Fiber Diameter Analysis)

Bei der „optischen Faserdurchmesser-Analyse“ werden modernste Bildgebungsverfahren genutzt, die Aufnahmen der Fasern machen. Per Software werden die Daten anschließend analysiert, um den durchschnittlichen Durchmesser einer bestimmten Faser zu bestimmen.

Luftstrommessung

Eine weitere Technik, mit deren Hilfe die Stärke einer Faser gemessen werden kann, ist die der Luftstrommessung: Gemessen wird der Widerstand der Luft, die durch ein Faserbündel strömt. So kann (indirekt) der Faserdurchmesser abgeleitet werden. (Bild: Paul beim Untersuchen von Fasern)

Wie die Faserdicke die Garneigenschaften beeinflusst

Der Mikron-Wert hat großen Einfluss auf (fast) alles, was du an Garnen liebst:

Wie sie sich anfühlen, wie sie sich verstricken lassen und wie sie sich auf deiner Haut anfühlen.

Zarte Faser – zart zur Haut

Je feiner, je dünner eine Faser – also je niedriger ihr Mikron-Wert ist – desto biegsamer ist sie. Eigentlich logisch, oder? Ein Garn, das aus sehr feinen Fasern besteht, empfinden wir als weich, weil es schön nachgiebig ist. Im Gegensatz dazu ist ein Garn, das aus relativ dicken Fasern besteht, steifer und weniger anschmiegsam.

Die Biegsamkeit und die Elastizität der Fasern sind auch der konkrete Grund dafür, warum wir manche Garne besonders gut auf der Haut tragen können und andere nicht nur als kratzig empfinden (sie sind es einfach!):

Natürlich hängt das Ganze auch ein Stück vom subjektiven Empfinden ab, aber wenn wir ein Garn mit einem sehr niedrigen Mikron-Wert verstrickt haben, dann fühlt es sich für uns weich und angenehm auf der Haut an. Der Grund: Die Fasern sind so weich und nachgiebig, dass sie die Haut praktisch nicht reizen oder gar pieksen können. Sie geben einfach nach und biegen sich weg.

Je dicker die versponnene Faser ist, desto weniger nachgiebig ist sie innerhalb des Fadens und entsprechend im Gestrick: Trifft so eine dicke Faser auf die Haut, biegt sie sich nicht geschmeidig weg. Die Haut wird so einem leichten Reiz ausgesetzt. Je nachdem, wie empfindlich man ist, fühlt sich das dann wie ein Kribbeln oder gar Kratzen an. (Bild: Faser Vikunja)

Kräftige Faser – kräftig in Sachen Haltbarkeit

Auch wenn wir bei Wolle und Garnen gern auf der weichen Seite unterwegs sind, so haben kräftigere Fasern durchaus ihre Berechtigung: In Sachen Haltbarkeit haben sie ihren zarten Verwandten durch etwas voraus.

Für Projekte, die etwas strapazierfähiger sein sollen, dürfen es auch ruhig etwas „gröbere“ Fasern mit höheren Mikron-Werten sein. Bestes Beispiel sind hier Socken oder eine Strickjacke „für oben drüber“. Bei den robusteren Garnen findet man übrigens auch meist gar keine Mikron-Angaben – diese werden in der Regel überhaupt nur dann angegeben, wenn die Feinheit der Faser in den Vordergrund gestellt und besonders betont werden soll. (Bild: Faser Alpaka)

Mikron-Werte im Vergleich: Darf’s ein bisschen weicher sein?

Damit es mal etwas konkreter wird, hier ein kleiner Überblick, wo die Mikron-Werte bei verschiedenen Fasern durchschnittlich liegen: 

Fasertyp/Garn

Mikron

Eigenschaften

Vikunja

8 – 13

Ultrafein, selten, reiner Luxus!

Kaschmir

14 - 19

Superweich, warm und leicht

Merino superfine

< 18

Perfekt für Kleidung, direkt auf der Haut tragbar

Baby Alpaka

< 22

Weich, warm und für zahlreiche Projekte geeignet

„Normale“ Schafwolle

> 30

Grob, robust und gut für rustikale Projekte geeignet


Feine Fasern: Das Who-is-Who der Garn Society

Vikunja

Noch nie vom Vikunja (oder auch Vicuña) gehört? Dann wird es Zeit! Vikunjas leben im Hochland Südamerikas und gehören zur Familie der Kamele. Mit Mikron-Werten, die zwischen 8 und 13 liegen, ist es die feinste und seltenste Naturfaser der Welt. Wir gehören übrigens zu den wenigen Anbietern von Handstrickgarn aus Vicuña-Wolle!

Kaschmir

Kaschmir ist für viele Stricker:innen und in der Modewelt der Inbegriff von Luxus. Kein Wunder, so weich wie es ist! Es bewegt sich bei Mikron-Werten zwischen 14 und 19 und ist damit sowohl beim Stricken als auch beim Tragen ein echter Hautschmeichler. Wir haben Kaschmir pur oder als Beimischung im Sortiment.

                                  Merino

Merino ist ein echter Allrounder! Besonders die superfeine Variante mit weniger als 18 Mikron ist ein Traum für alles, was weich und warm sein soll – von Pullovern über Schals und Tücher bis hin zu Mützen. Selbst für die Kleinsten in Merino superfine perfekt geeignet. Aber Achtung: Es gibt durchaus auch sehr rustikale Merino-Garne! Je nach Herkunft der Schafe (z.B. wenn sie aus unseren Breiten stammen) ist man schnell bei deutlich groben Fasern angelangt.

Wir haben zahlreiche kuschelweiche Merino-Qualitäten im Sortiment: reines Merino superfine sowie Mischungen mit anderen Fasern.   

Alpaka

Alpaka gibt es in einer recht großen Bandbreite von Faserstärken. Sehr schön weich und kuschelig ist Baby Alpaka, das eine Faserstärke von maximal 22 Mikron aufweist. Stärken darüber werden häufig schnell als pieksend empfunden. Baby-Alpakawolle eignet sich hervorragend für Kleidung und Accessoires, und sie behält lange ihre Form. In unserem Sortiment findet ihr zahlreiche Qualitäten mit oder aus reiner Baby-Alpakawolle.

Und was macht feine Mikron-Werte so besonders für Handstrickgarne?

Wenn du strickst, dann möchtest du, dass sich das Garn gut anfühlt, angenehm verarbeiten lässt und das fertige Projekt hinterher toll aussieht (und sich gut tragen lässt!).

Du investierst eine Menge deiner Zeit in ein Stück wie z.B. einen Pullover – und diese Zeit möchtest du vermutlich nicht mit einem minderwertigen Garn verbringen, das dir am Ende einen kratzigen Pullover beschert, oder?

Und andersrum, wenn du ein Paar Socken oder gar einen Läufer oder eine Krabbeldecke stricken möchtest, dann wäre ein wenig mehr Robustheit gewiss von Vorteil. Die Weichheit feinen Kaschmirs ginge in solchen Fällen leider auf die Kosten der Robustheit.

Deshalb solltest du auch immer den Verwendungszweck (und die damit einhergehende Belastung) des Strickstücks im Auge haben, damit du später lange Freude daran hast.

Fazit: Das Mikron – klein, aber oho!

Ob du gerade erst mit dem Stricken angefangen hast oder schon seit Jahren als „Profi“ dabei bist – das Wissen über Mikron-Werte kann dir helfen, manch unangenehme Überraschung zu vermeiden. Du weißt spätestens jetzt, dass Wolle nicht gleich Wolle ist – dass Merino nicht automatisch superweich bedeuten muss und dass auch Alpaka kratzen kann.

Wenn bei einem Garn der Mikron-Wert angegeben ist: Wunderbar.

Aber auch wenn nicht, konnten wir dir hoffentlich mit ein paar Begrifflichkeiten eine „Lesehilfe“ für Garnetiketten geben.

Schließlich sollen deine Strickstücke nicht nur schön aussehen, sondern sich auch so anfühlen! 

Und nun: Ran an die Nadeln – und viel Spaß beim Stricken!

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