Von Claudia Ostrop
Das wissen selbst Nichtstricker:innen: Es gibt dünne Garne, dickere Garne, richtig dicke Garne. Von hauchzart bis fingerstark lässt das Angebot in Wollläden und Online-Shops kaum einen Wunsch offen. Für jeden Zweck findet sich der passende Faden.
Weil dick und dünn – ganz wie im richtigen Leben – aber letztlich relativ sind, werden die unterschiedlichen Garnstärken in Gruppen zusammengefasst. Das ist insbesondere dann hilfreich, wenn man ein ganz bestimmtes Modell stricken möchte und für die Anleitung die passende Garnstärke benötigt. Ihr wisst, die Maschenprobe…
Andere Länder, andere Sitten
Wer nun denkt „Prima, dann ist ja alles klar!“, dem müssen wir zunächst ein bisschen den Wind aus den Segeln nehmen. Denn je nach Herkunft des Garns sind die Bezeichnungen durchaus unterschiedlich. Aber wer unseren Blog kennt, weiß, dass wir euch gern mit ein bisschen Hintergrundwissen aushelfen. Und so könnt ihr am Ende dieses Artikels die unterschiedlichen Angaben auf Garn-Etiketten und in Anleitungen hoffentlich gut durchschauen und euch im Gewirr der Bezeichnungen gut zurechtfinden.
Lauflänge und Maschenprobe
Im deutschen Sprachraum ist es üblich, auf dem Etikett die so genannte Lauflänge des Garns anzugeben. Darunter versteht man, wieviel Meter Faden sich in dem Knäuel oder Strang verbergen. Ihr habt dann also die z.B. die Angabe „Lauflänge 300 m/100 g“. Mit etwas Erfahrung hat damit eine grobe Idee, mit welcher Nadelstärke man dieses Garn verstricken sollte und wie das Maschenbild damit ungefähr aussehen wird.
Allerdings haben unterschiedliche Fasern auch unterschiedlich spezifische Gewichte – in der Regel ist z.B. Baumwollgarn schwerer als Kaschmir und bei gleichem Gewicht und gleicher Lauflänge wird der Kaschmirfaden deutlich dicker sein als der Baumwollfaden.
Und auch die Beschaffenheit des Fadens ausschlaggebend dafür, wie die Maschen am Ende aussehen werden: Bei einem fest verzwirnten Faden (z.B. Sockenwolle) gibt es weniger Spielraum in puncto Nadelstärke als bei einem sehr luftig und fluffig versponnen Faden: Letzteren kann man mit kleinerer Nadelstärke zu einem festeren Gestrick verarbeiten, mit dickeren Nadeln erhält man ein lockeres Gestrick, das aber immer noch ein schönes Maschenbild aufweist.
Deshalb sollte sich zur Information über die Lauflänge eines Garns auch immer die Angabe über die zu verwendenden Nadelstärken finden sowie die Maschenprobe: diese besagt, wieviel Maschen und wieviel Reihen des Garns eine bestimmte Fläche ergeben. Die Vergleichsgröße ist hier in der Regel 10 x 10 cm.
Mittlerweile verwenden aber auch Garnhersteller und Designer aus dem deutschsprachigen Raum häufig internationale Bezeichnungen für die Dicke von Garnen. Diese stellen wir euch nun vor.
Yarn Weight – es wird international
Wer sich auf Ravelry tummelt und in englischsprachige Strickanleitungen schaut, der ist mit Sicherheit schon über eine Menge zum Teil merkwürdig anmutender Begriffe für verschiedene Garne gestolpert. Cobweb („Spinnweben“), Lace („Spitze), Fingering, Sport, Sock, Baby, DK („double knit“), Worsted, Aran, Chunky, Bulky und Jumbo.
Sie alle bezeichnen das „yarn weight“. Wortwörtlich übersetzt ist das das „Garngewicht“, allerdings geht es hier nicht um das Gewicht des Garns sondern um seine Stärke, also die Dicke des Fadens.
Die Sortierung erfolgt anhand der Garnstärke bzw. der entsprechenden Maschenproben.
Während man bei Cobweb oder Lace deutlich über 30 Maschen benötigt, um glatt rechts auf 10 cm Breite zu kommen, sind es in Jumbo-Stärke gerade einmal 6 Maschen oder weniger.
WPI – wraps per inch
Und was ist das jetzt? Wraps per inch bedeutet „(Um)wicklungen pro Inch“ und orientiert sich einzig an der Dicke, an der Breite des Fadens. Wenn der Faden beispielsweise gleichmäßig um ein Lineal gewickelt wird, sagt die WPI-Zahl aus, wieviele Male der Faden auf der Breite von einem Inch (das sind 2,54 cm) nebeneinander Platz findet. Je höher die Zahl, desto dünner das Garn. Nochmal die beiden Extreme im Vergleich: Lace liegt bei 30 bis 40 WPI, Jumbo bei 1 bis 4 WPI.
Ply
Und noch eine Variante, um Garne zu klassifizieren: Ply (eigentlich Schicht, Lage oder Windung) bezeichnet die Anzahl der Einzelfäden, die in einem Garn verzwirnt sind. Im Deutschen findet sich die Angabe der Verzwirnung in der Regel bei Sockengarn (4-fädig, 6- oder 8-fädig), wo sie auf die Stabilität des Fadens abzielt. 1, 2 und 3 ply finden sich häufiger als Bezeichnung der feinen Lace-Garne. Mit dem Ply wird aber nur angegeben, wie viele Fäden verzwirnt werden, diese Zahl lässt keinen Rückschluss auf die Stärke der Einzelfäden zu. Entsprechend ist Ply als Maß für die Garnstärke heutzutage nur mäßig aussagekräftig. Schließlich wäre auch ein sehr dickes Dochtgarn per Definition 1 ply. Das Maß Ply stammt aus einer Zeit, in der vorwiegend Schurwolle verarbeitet wurde. Damit waren die Einzelfäden meist gleich und die unterschiedlichen Verzwirnungen ließen sich gut miteinander vergleichen. Mit zunehmender Materialvielfalt und auch immer mehr technischen Möglichkeiten, Fäden herzustellen, hat Ply seine Aussagekraft ziemlich eingebüßt.
Standard Yarn Weight System
Das US-amerikanische Craft Yarn Council (CYC) – ein Zusammenschluss von Unternehmen der Garnindustrie – hat in den 1980ern ein System entwickelt, das Garnstärke, Maschenprobe und Nadelstärke miteinander in Beziehung setzt. Daraus resultiert ein Nummernsystem, das von 0 (Lace) bis 7 (Jumbo) reicht. Die dazugehörigen Symbole sind Wollknäuel mit den entsprechenden Nummern darin. Diese finden sich auf den Etiketten (amerikanischer) Garne. Gänzlich perfekt ist dieses System jedoch auch nicht, denn nur wenige Stricker:innen werden z.B. Lace-Garn verwenden, um es mit dünnster Nadel zu einem glatten Gestrick zu verarbeiten.
In unserem Online-Shop könnt ihr euch die Garne übrigens sortiert nach der Einteilung des CYC anzeigen lassen. Wer es lieber mag, kann nach Lauflängen anzeigen lassen oder auch entsprechend der Maschenproben oder empfohlener Nadelstärke!
Viele Überschneidungen
Wenn man sich im Internet oder in Strickbüchern Tabellen ansieht, in denen die verschiedenen Garn-Klassifikationen nebeneinander aufgeführt sind, merkt man schnell, dass es einige Überschneidungen gibt. Gerade die angegebenen Maschenproben – sei es auf Etiketten oder beim CYC – können immer nur ein Anhaltspunkt sein. Jede(r) strickt anders, manche lockerer, manche fester.
Wir haben Euch hier eine Tabelle zusammengestellt, auf der ihr die Einteilung der Garnstärken sehen könnt. Bitte nicht wundern, wenn ihr anderswo abweichende Zahlen seht – die Einteilungen scheinen überall immer in bisschen anders zu sein.
Aber als grobe Orientierung ist euch diese Zusammenstellung hoffentlich hilfreich!