Clarissa Schellong im Interview - Pascuali

Clarissa Schellong im Interview

Im vergangenen Jahr hat Clarissa die Strickwelt mit ihren Strickdesigns, die Strickwelt ganz schön aufgemischt. Gerade ist Clarissas erstes Buch im EMF-Verlag erschienen: „Unisex-Pullover stricken“ - darin 16 Strickmodelle im Boyfriend-Look, auch aus unseren Naturgarnen.

Von Sandra Sonnenburg

Im vergangenen Jahr hat Clarissa die Strickwelt mit ihren Strickdesigns  – klassisch, zeitlos und doch alle mit einem gewissen Etwas – die Strickwelt ganz schön aufgemischt. Sommerliches wie das Seedy Top waren darunter, hauptsächlich aber Kuscheliges, Weiches, Gemütliches – Cozy halt. 

Gerade ist Clarissas erstes Buch im EMF-Verlag erschienen: „Unisex-Pullover stricken“  - darin 16 Strickmodelle im Boyfriend-Look, auch aus unseren Naturgarnen. 

Liebe Clarissa, herzlich Willkommen zum Interview!

Für alle, die Dich noch nicht kennen: Magst Du uns ein paar Worte zu Dir erzählen? 

Ja sehr gerne! Ich bin Clarissa, 38 Jahre alt und lebe mit meinem Mann und meiner kleinen Tochter in München, der für mich schönsten Stadt überhaupt :) Im richtigen (Nicht-Strick-)Leben leite ich gemeinsam mit meinem Bruder das Familienunternehmen unserer Eltern für Straßenreinigung, Winterdienst, Fuhrleistungen und Hausmeisterservice.

Auf Instagram verrätst Du, dass Dein erster gestrickter Pullover im Januar 2020 entstanden ist. Wie bist Du zum Stricken gekommen, wer hat es Dir beigebracht?

Ich stricke im Grunde schon mein ganzes Leben – beigebracht hat es mir meine Mama. Viele viele Jahre und vor allem in meiner Kindheit und Jugend habe ich aber vor allem kleinere Projekte gestrickt wie Mützen, Schals oder Kleidung für meinen geliebten Teddybären. Nach meinem Designstudium und ein paar Accessoires in meiner Abschlusskollektion war dann aber auch erstmal Schluss mit dem Handstrick. Erst mit der Geburt meiner Tochter und der damit verbundenen vollkommenen Entschleunigung meines Lebens bin ich wieder zum Handstrick gekommen, hab dann auch größere Projekte in Angriff genommen und begonnen Sweater und Cardigans zu stricken. 

Beschreibst Du uns den Weg von diesem ersten Pullover zur Strickdesignerin? Welches war Dein erstes Design, und wie kamst Du auf die Idee, eine Anleitung zu schreiben und sie zu veröffentlichen? 

Was viele glaub ich gar nicht wissen und aufgrund meines aktuellen Berufes auch nicht vermuten würden: Ich habe an der amd in München Modedesign studiert. Nach dem Studium habe ich dann auch knapp sieben Jahre bei verschiedenen Modemarken gearbeitet, erst im Design, danach im Creative Buying und habe dabei immer den Strickbereich verantwortet. Ich habe Strick einfach schon immer geliebt – für mich sind es die Strickteile, die eine Kollektion zum Leben erwecken und sie mit ihrer Struktur erst interessant machen! 
Daher war der Weg zum ersten eigenen Design gar nicht weit, das Designen war für mich ja quasi ein Heimspiel und nach den ersten paar Fremdanleitungen kam das einfach so aus mir heraus und ich habe angefangen, eigene Designs aus dem Kopf herunter zu stricken :) 
Ausschlaggebend dafür, dass ich die Anleitungen dann aber auch geschrieben, gradiert und anderen zum Verkauf angeboten habe war meine liebe Nadine (@mrs.deer.knits), die mir damals gesagt hat: „Mach’s doch einfach! Warum nicht? Du hast absolut nichts zu verlieren und so viel zu gewinnen…“ und so war’s ja dann auch!

Viele Deiner Entwürfe zeigen Strukturmuster wie Rippen- Patent- oder Rechts-Links-Muster und sind sehr komfortabel und gemütlich. Was bestimmt Deine Designs mehr: Dein persönlicher Geschmack oder aktuelle Modetrends? 

Ich glaube, dass jeder der designtechnisch durch eine gewisse Schule gegangen ist oder eben ein Gespür und eine Veranlagung für Farben, Formen, Proportionen und Design hat, über die Jahre einen eigenen Stil entwickelt. Und genau diesem Stil folgen in meinem Falle meine Designs. 
Ich finde Stil ist etwas, das aktuelle Trends überdauert, eine übergeordnete, zeitlose Richtung, die sich zwar sicherlich immer wieder verändert und sich aktuellen Trends annähert, sich in ihrer Essenz jedoch immer selbst treu bleibt. 
Ich bilde mir ein, dass man diese Handschrift, also meinen Stil in meinen Teilen erkennt und mein Anspruch ist, dass man diese Handschrift auch in Zukunft immer erkennt, obwohl jedes Teil neu und auf seine Weise anders ist.

Was inspiriert Dich, woher beziehst Du Deine Ideen? 

Das ist ganz unterschiedlich! Manchmal sehe ich irgendwo im Vorbeigehen ein winziges Detail (manchmal textil, oft aber auch nicht-textil), und daraus entspinnt sich ganz plötzlich ein komplett neues Teil in meinem Kopf. 
Ich mag es Details und Shapes aus anderen Produktgruppen auf Strick zu übertragen und so völlig neue Ansätze zu schaffen. 
Sehr oft hab ich Garn in der Hand und dieses Garn gibt in Haptik und Optik den Shape des fertigen Sweater für mich schon vor. Das klingt wirr, aber so in etwa sieht es in dem Moment in meinem Kopf aus :)

Und strickst Du sofort los, oder arbeitest Du ganz „nach alter Schule“ planvoll mit Modellzeichnung? Wie läuft Dein Designprozess ab?

Ich stricke erst dann los, wenn das Modell in meinem Kopf „fertig“ ist. Ich sehe dann bildlich jede Masche vor mir, jedes Detail, jeden Übergang, rechne auch meist im Kopf alles aus und merke mir die Maschenanzahlen… und wenn das Teil dann im Kopf fertig ist und es mir schrecklich in den Fingern juckt „endlich“ anzuschlagen, dann geht es meistens auch ganz schnell. 
Ribbeln muss ich dabei sehr sehr selten, das ist zum Glück fast nie nötig, das mach ich aber auch einfach nicht gern :) Ich stricke viel nach Gefühl und weiß irgendwie einfach, wo die Tasche sein muss, das Detail hinkommt oder wie viele verkürzte Reihen genau richtig sind. Und dann stricke ich das aus meinem Kopf in einem Rutsch runter :)
Eine Herausforderung ist es dann (wie man sich vielleicht vorstellen kann) all das nach dem Stricken aufs Papier zu bringen – aber da lern ich auch irgendwie nix dazu… Notizen? Fehlanzeige :D

Für viele bedeutet Stricken (oder kreative Hobbies allgemein) einen Rückzug aus dem komplexen, schnellen und stressigen Alltag in eine Zone, in der man selbst mit eigenen Händen und oft aus schönem Material etwas erschafft und die Kontrolle über das eigene Tun und das Ergebnis behält. Welche Rolle spielt Stricken für Dich heute als erfolgreiche Designerin? Entspannung, oder doch eher Arbeit?

Der Designprozess und das Stricken selbst ist für mich absolute Entspannung – ich brauche das regelrecht. Die Bilder in meinem Kopf, die Inspiration, das „sich-die-Teile-zurecht-denken“ und beim Stricken dann die gleichförmige ruhige Bewegung, etwas entstehen zu sehen, das erdet mich, entspannt mich, das macht mich glücklich. 
Die Anleitungen zu schreiben, zu gradieren, Admin-Arbeiten zu machen, Website pflegen, Pattern-Support – das fühlt sich für mich schon an wie arbeiten und das empfinde ich auch als Arbeit. Gehört aber eben auch dazu :)

Dein Buch „Unisex Pullover stricken“ greift neben dem beliebten Hobby Stricken ein weiteres aktuelles Thema auf: Unisex bedeutet „geschlechterübergreifend“, also nicht speziell für Männer oder Frauen entworfen. Das Thema beschäftigt die Gesellschaft in Debatten von Gendergerechtigkeit und Gleichstellung gerade sehr – war dieser Hintergrund maßgeblich für die Idee zum Buch?

Die Idee zum Buch kam von meiner Lektorin, Melanie Kowalski vom EMF Verlag. Ich bin sicher, dass genau die von Dir angesprochene gesellschaftliche Bewegung ihre Idee zum Buch stark beeinflusst hat. Sie hatte mich wegen meines LoungeSweater angespochen – ein Design, das es in kleiner Abwandlung bei mir ja für Frauen und Männer gibt, und ich glaube sie hat hier ihre Idee einfach gut aufgegriffen gesehen und wollte mich deshalb für das Buch gewinnen. Ich fand die Idee von Anfang an sensationell – sie trifft den Zeitgeist und ist wie ich glaube, genau die richtige Message zum aktuellen Zeitpunkt!

Kannst Du unseren Lesern etwas erzählen über den Entstehungsprozess eines Strickbuchs? 

Der Verlag kam wie eben schon beschrieben mit dem generellen Konzept und einem groben Farbkonzept auf mich zu – in allem anderen war ich völlig frei!
Wir hatten vereinbart, dass im Buch nur Oberteile sein sollten und auch das fand ich super spannend, da ich das bei der Menge an Styles als sehr wertigen Content für ein Buch empfinde. Zudem hatte ich eine Circa-Angabe für die Anzahl der Styles.
Ich habe schon seit vielen Jahren keine komplette Kollektion mehr entworfen - alle Handstrickanleitungen die es bisher von mir gibt sind ja quasi Einzelteile – und ich fand es unheimlich spannend und schön, mal wieder eine richtige Kollektion auf zu bauen, mit verschiedenen Garnen, Ausschnitt-Lösungen, Schulterkonstruktionen und Kragenformen, unter Berücksichtigung verschiedener Schwierigkeitsgrade im Stricken und unterschiedlicher Zielgruppen. 
Ich habe dann die von mir geplante Kollektion grob skizziert und eine Art Kollektionsrahmenplan gemacht, die Garne, Garnhersteller und Farben pro Teil ausgewählt und dargestellt. Das wurde mir dann genau so vom Verlag durchgewunken – ich kann also wirklich sagen, dass das Buch zu 100% meins ist und meine unverfälschte Handschrift trägt. Das finde ich unheimlich schön! 
Zudem hat es mich sehr glücklich gemacht, in meiner Wahl der Garne völlig frei zu sein und bin noch immer wirklich froh (und auch ein wenig stolz…), dass auch Pascuali sich bereit erklärt hat mich zu unterstützen. Das ist ja schon ein sehr großes Vertrauen, das mir da entgegen gebracht wurde – quasi Lorbeeren auf Vorschuss!
Als alle Styles fix waren, habe ich alle Anleitungen runtergeschrieben, teilweise selbst gestrickt, teilweise an meine Strickerinnen weitergegeben und wir alle haben die Nadeln klappern lassen! Völlig neu war für mich, dass ich manche Teile erst dann zum ersten Mal wirklich in der Hand hatte, als sie komplett fertig gestrickt waren und es hat mich völlig umgehauen, dass das, was ich da vorher im Kopf durchdacht und anschließend aufgeschrieben hatte am Ende ganz genau so aussah wie ich es mir vorgestellt hatte – das waren mit die schönsten Momente während der Entstehung des Buches :)

Was macht für Dich ein Garn zu einem Lieblingsgarn, und welche Kriterien sind für Dich maßgeblich, um aus einem Garn ein Design zu entwerfen?
 

Ich gebe ehrlich zu: ich liebe hochwertige Garne. Ich persönlich finde, dass man so viel Liebe, Mühe und Zeit in ein handgestricktes Teil steckt, dass man (wenn irgend möglich) auch hochwertiges Material dafür verarbeiten sollte. Auch in allen anderen Dingen in meinem Leben bevorzuge ich Qualität vor Quantität, da empfinde ich beim Garn nicht anders und ein Lieblingsgarn wäre bei mir immer auch ein hochwertiges Garn. Zudem mag ich persönlich reine Natur-Garne am liebsten.
Für meine Designs verwende ich meistens klare Garne, mit einer guten stitch definition, weil ich viel mit Mustern arbeite und diese so am besten rauskommen. Oft sind es aber auch andere Dinge, die mich überzeugen und meistens findet das Garn mich (nicht ich das Garn).  Dann muss ich es einfach haben :) kennen tut dieses Phänomen glaube ich jeder Stricker… Das ist manchmal ein bestimmtes Handfeel, das ich wundervoll finde, manchmal eine ganz bestimmte Farbe oder Farbmelange, die ich haben muss und manchmal auch etwas so simples wie die Banderole, die ich so schön finde, dass ich das Garn kaufe.

Gibt es etwas, das Du an unseren Pascuali-Garnen besonders schätzt? 

Pascuali ist für mich schlicht der Inbegriff an Hochwertigkeit. Ich weiß noch als wäre es gestern gewesen, als ich das erste Sample Paket von Pascuali in den Händen gehalten habe – abgesehen davon, dass ich kaum glauben konnte, dass mir das grade echt passiert und ich ein Paket von Pascuali bekommen habe (!!!) war einfach jedes einzelne Knäuel wunderschön und so so hochwertig! Jedes auf seine eigene Art und Weise, manche zart, manche glänzend, manche robust, aber immer unglaublich hochwertig. Ich habe all diese ersten Sample-Knäuel noch immer mit den Farbkarten in einer separaten Box und stöbere so gerne durch, halte Farben aneinander, vergleiche Kompositionen… Es macht mich einfach glücklich, mit euren Garnen zu arbeiten!

Welches ist Dein Lieblingsgarn aus unserem Sortiment, und warum?

Mein absoluter Favorit ist die Bio Cashmere Worsted. Ich hatte das unglaubliche Privileg einen Sweater für mein Buch daraus zu stricken und ich weiß, ich werde diesen Sweater lieben, nicht nur heute und morgen, auch in zehn Jahren noch und ich weiß, dass dieses Garn auch dann noch wunderschön sein wird – und genau darauf kommt es doch an beim Handstrick!
Abgesehen von diesem sehr wertvollen Schätzchen mag ich persönlich aber auch die Pinta unheimlich gerne! Die Pinta ist für mich ein absoluter Allrounder, der Sommer wie Winter zu sehr vielen Styles passt. Ein totaler Alleskönner. 
Oh und die Alpaca Fino hat es mir natürlich auch angetan… ich liebe diese Melangen, die Farben und den wundervoll weichen Griff!

Wie sehen Deine weiteren (Strick-)Pläne aus, worauf dürfen wir uns künftig freuen?

Oh ich habe tatsächlich schon viele viele Styles in der Pipeline (im Kopf…), die alle nur darauf warten gestrickt zu werden! Ich glaube, es wird für jeden etwas dabei sein – Jacken, Pullis, Accessoires und alles was dazu gehört :)

Und zum Schluss: Verrätst Du uns ein FunFact über Dich?

Ich habe seit einigen Jahren einen LKW-Führerschein und wenns in München ordentlich schneit, bin ich regelmäßig auch selbst beim Straßenräumen unterwegs!

Vielen Dank, Clarissa, für Deine Zeit und Deine spannenden Antworten!
 
Folge Clarissa hier auf Instagram – ihre Anleitungen gibt es hier in ihrem Shop.
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