Von Claudia Ostrop
Das Schöne am Stricken ist, dass man es praktisch immer und überall tun kann, es braucht nicht viel mehr als ein gemütliches Plätzchen, Nadeln und Garn.
Während Stricken noch vor wenigen Jahren als altmodisches Hobby abgetan wurde, hat es in der letzten Zeit eine beeindruckende "Renaissance" erleben dürfen. Stricken ist nicht einfach nur ein netter, kreativer Zeitvertreib sondern auch etwas, das Menschen auf der ganzen Welt zusammenbringt.
Und das ganz unabhängig von Geschlecht, Alter oder kulturellem Hintergrund.
In diesem Blogpost betrachten wir die wunderbaren Verbindungen, die das Stricken schafft, und wie es dadurch als Brücke zwischen Generationen, Geschlechtern und Kulturen dient.
Ein vererbtes Hobby
„Mir hat meine Oma beigebracht, wie man strickt!“ – das sagen mit Sicherheit ganz viele von uns. Vielleicht auch die Tante oder die Mutter, auf jeden Fall aber meistens jemand aus dem familiären Umfeld. Und bestimmt haben diese guten Geister auch die ein oder andere heimliche Reihe an so den ambitioniert begonnenen ersten Schal angefügt, wenn dieser einfach nicht so wachsen wollte, wie man sich das als blutige(r) Strickanfänger:in so vorgestellt hatte …
Ist es nicht schön, wie wir mit diesem „geerbten“ Hobby (hoffentlich) viele schöne Erinnerungen an Mütter und Großmütter verbinden können? Und wenn wir unsere Strickkünste und die Leidenschaft fürs Stricken wieder selber weitergeben, schließt sich ein schöner Kreis.
Gemeinschaft und soziale Interaktion
Eine der wunderbaren Eigenschaften des Strickens ist, dass man nicht viel dafür braucht, keine spezielle Umgebung, keine Ausrüstung außer dem Strickzeug natürlich – man kann es ganz allein und überall tun. Aber ebenso wunderbar ist die Tatsache, dass Stricken verbindet! Gemeinsam mit Gleichgesinnten zu stricken, über Wolle und Anleitungen zu plaudern, neue Ideen zu bekommen, das macht einfach Spaß.
In den letzten Jahren haben sich nahezu überall Stricktreffs gegründet. Ob in Cafés oder Wollläden, vom Dorf bis in die Großstadt – es gibt wohl nur wenige Gegenden, in denen man keine „Gleichverrückten“ finden kann, mit denen das gemeinsame Hobby gleich noch viel mehr Spaß macht. Stricktreffs bieten natürlich Gelegenheit zum Lernen, zum Austausch von Techniken und Garnen. Darüber hinaus bieten sie aber auch Raum zum geselligen Miteinander und haben mit Sicherheit schon des Öfteren den Grundstein für gute Freundschaften gelegt.
Lokale Stricktreffs
Ob in Cafés, Wollläden oder anderswo: Stricker:innen aller Altersgruppen kommen bei Stricktreffs „vor Ort“ zusammen, um gemeinsam zu stricken. In lockerer Runde wird gemeinsam gestrickt und gefachsimpelt. Dabei geht es gar nicht unbedingt immer ausschließlich ums Stricken. Es ist einfach schön, ein wenig vor sich hinzustricken, während man über Gott und die Welt – oder schöne Garne – plaudert und immer wieder auf tolle Dinge und Ideen gebracht wird, seien es Anleitungen oder Techniken oder Strick-Events, die man (gemeinsam!) besuchen könnte.
Wollfestivals
Wer beim Stricken noch ein bisschen mehr über den Tellerrand schauen möchte, dem seien die zahlreichen Wollfestivals ans Herz gelegt, die vor allem in Europa und den USA immer häufiger stattfinden. Auf ihren Marktplätzen bieten sie ein üppiges Angebot rund um das wollige Hobby. So gut wie immer kommen dazu auch noch Workshops, in denen geneigten Teilnehmer:innen Techniken rund Stricken (und Häkeln) nähergebracht werden. Von großen internationalen Events bis hin zu regionalen Wollmärkten finden Strick- und Wollfestivals mittlerweile rund ums Jahr und so gut wie überall statt. Oft fährt man gemeinsam mit anderen Stricker:innen zu diesen Märkten, und nicht selten werden diese Events zu einer Art „Klassentreffen“ – weil man, wenn man einmal Fuß in der Strick-Community gefasst hat, immer wieder „Bekannte“ wiedertrifft.
Strick-Workshops
Im Rahmen von Strick- oder Wollfestivals findet meist auch Workshops statt, die von (mehr oder weniger) bekannten Designer:innen geleitet werden. In nicht zu großem Kreis wird im Rahmen einiger Stunden eine bestimmte Technik gelehrt und geübt.
Es müssen natürlich nicht immer die „Profis“ sein, auch erfahrene Stricker:innen bieten z.B. in Wollläden in Kursen das Erlernen spezieller Techniken an – schöner Nebeneffekt ist in jedem Fall, neue Leute kennenzulernen.
Die „Edel-Variante“ von Workshops sind Strick-Retreats, die sich über mehrere Tage erstrecken und bei denen es neben Workshops auch meist ein Rahmenprogramm gibt, das zusätzlich zum gemeinsamen Stricken stattfindet. Diese Wochenenden für Stricker:innen haben schon zu vielen Freundschaften geführt.
Stricken in der digitalen Welt
Mit dem Aufkommen der sozialen Medien hat das Stricken eine neue Dimension erreicht. Plattformen wie Ravelry, Instagram und Facebook haben das Potenzial, Strickbegeisterte weltweit zu verbinden. Wer keine Gleichgesinnten bei sich vor Ort findet, muss nicht allein stricken – die große Online-Strick-Community verbindet Stricker:innen weltweit.
Ravelry
Ravelry ist die Plattform, wenn es um Stricken geht. Auch Anhänger von Häkeln, Spinnen und Weben kommen hier zu ihrem Recht, aber der Schwerpunkt liegt auf dem Stricken. So gut wie alle Strickdesigner:innen bieten über die Plattform ihre Anleitungen an. Dazu gibt es Gruppen und Foren für den Austausch innerhalb der Community. Und jede(r) Nutzer:in hat hier ein eigenes digitales „Notizbuch“, in dem Anleitungen gespeichert, Projekte angelegt und die Wollvorräte katalogisiert werden können. In den Foren kann man Hilfe finden, wenn man Fragen zu Anleitungen oder Techniken hat, genauso gibt es aber auch Bereiche, in denen „einfach nur so“ geplaudert wird. Schon so manche digitale Bekanntschaft ist im Rahmen von Wollfestivals zu einer echten Begegnung geworden – und nicht wenige Freundschaften sind im Laufe der Zeit so entstanden.
Auf Ravelry sind aktuell übrigens mehr als 12 Millionen Wollbegeisterte angemeldet.
KAL – Knit along
Ein KAL ist ein Stricktreff in digitaler Form. Knit along bedeutet „gemeinsam stricken“. Bei einem KAL strickt man zusammen – aber nicht um einen Tisch herum: man „trifft“ sich online. Ein Knit along hat häufig ein Thema. Das kann ein bestimmtes Strickmuster sein, ein besonderer Zweck oder ein bestimmtes Garn. Ravelry und Facebook sind wohl die am meisten benutzten Plattformen für Knit alongs und ermöglichen neben dem „fachlichen“ Austausch auch jede Menge Platz für Plauderei.
Unter Hashtags wie #knittersofinstagram, #stricken oder #nevernotknitting gibt es auf Instagram Millionen von Beiträgen. Stricker:innen teilen ihre Projekte, erhalten Feedback und finden Inspiration. Hashtags und Follower fördern den Austausch von Ideen und Techniken und schaffen nicht zuletzt ein Gefühl der Zu(sammen)gehörigkeit. Natürlich sind auch Strickdesigner:innen und Unternehmen aus der Handarbeitsbranche hier vertreten.
Auf Facebook finden sich zahlreiche Strickgruppen, die sich als Plattformen für den Austausch von Ideen, Unterstützung bei Problemen und natürlich auch für das Teilen von fertigen Projekten bieten. So auch die Gruppe „Strick mit! …Pascuali“, in der ihr euch über unsere Garne und Anleitungen austauschen könnt.
Längst nicht nur Frauensache
Traditionell wurde Stricken mit Frauen assoziiert, da es über die Jahrhunderte als eine häusliche Tätigkeit galt. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass oftmals auch Männer in verschiedenen Kulturen aktive Stricker waren. Ob in Schottland oder Peru oder in den Handwerksgilden Europas – zu früheren Zeiten war Stricken häufig das Geschäft von Männern.
Und heute? In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bild des Strickens als ausschließlich weibliche Tätigkeit drastisch verändert. Immer mehr Männer entdecken das Stricken für sich und brechen damit die Geschlechterrollen auf. Prominente Persönlichkeiten wie der Schauspieler Ryan Gosling und der britische Wasserspringer Tom Daley „bekennen“ sich öffentlich zu ihrer Leidenschaft fürs Stricken tragen so dazu bei, geschlechtsspezifische Vorurteile dieses Handwerks auszulöschen.
Diese Veränderung spiegelt eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung wider, die traditionelle Geschlechterrollen hinterfragt und für mehr Inklusivität eintritt.
Stricken und Inklusion
Online-Plattformen wie Ravelry haben in der Vergangenheit Initiativen ins Leben gerufen, um die Inklusivität in der Strickwelt zu fördern. Sie bieten spezielle Foren und Gruppen, in denen z.B. LGBTQ+-Stricker:innen ihre Erfahrungen und Werke teilen können. So kann ein Umfeld geschaffen werden, in dem sich alle willkommen und unterstützt fühlen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter und Hautfarbe.
Pride Month
Der Juni eines jedes Jahres wird weltweit als Pride Month gefeiert, um die LGBTQ+-Gemeinschaft zu würdigen und auf die Rechte, Herausforderungen und Errungenschaften dieser Community aufmerksam zu machen. Der Pride Month ist ein Fest der Vielfalt, der Liebe und der Inklusion, und es gibt viele kreative Wege, diese Werte auszudrücken. Einer davon ist das Stricken, das Menschen über kulturelle und geschlechtsspezifische Grenzen hinweg verbindet.
Fazit: Stricken verbindet die Welt
Stricken ist weit mehr als nur ein Hobby; es ist eine universelle Sprache, die Menschen über kulturelle und geschlechtsspezifische Grenzen hinweg verbindet. Es fördert Gemeinschaft, Kreativität und persönliche Entfaltung. Es bietet eine Möglichkeit, Traditionen zu bewahren und gleichzeitig neue Techniken und Muster zu erkunden. Und es trägt zur mentalen Gesundheit und Nachhaltigkeit bei.
Ob jung oder alt, Anfänger:in oder Expert:in – Stricken hat für jeden etwas zu bieten. Es ist geradezu eine Einladung, sich mit anderen zu verbinden, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen – und ein Teil einer großen, globalen Gemeinschaft zu sein. In einer Welt, die viel oft von Unterschieden und Konflikten geprägt ist, kann das Stricken uns miteinander verbinden. Masche und Masche. Ein roter Faden der Verständigung.
1 Kommentar
Lemay
Très bon article un plaisir de vous lire 🧶
Très bon article un plaisir de vous lire 🧶