Von Claudia Ostrop
Die Modeindustrie gehört zu den größten Umweltverschmutzern der Welt. Jedes Jahr werden Millionen Tonnen Kleidung produziert und leider allzu schnell wieder entsorgt.
Mode-Discounter, die Klamotten zu absurd niedrigen Preisen verscherbeln oder Online-Händler, die mit ihren Billigkleidung den Markt überfluten. Mode, die zu einem Einwegartikel verkommt, weil die Qualität gar nicht mehr als ein paarmal Tragen zulässt. Weil Neukaufen nicht teurer als Waschen scheint. Zum Glück gibt es zum Phänomen der „Fast Fashion“, der schnellen Mode, einen Gegenpol:
Slow Fashion – die langsame Mode

Das schmutzige Gesicht der Modeindustrie
Das Geschäft mit der schnelllebigen Mode geht viel zu oft auf Kosten der Umwelt und der Menschen, die in der Branche arbeiten. Die Modeindustrie ist einer der größten Umweltverschmutzer weltweit. Laut der UN verursacht sie etwa 10 % der globalen CO₂-Emissionen und ist für rund 20 % der weltweiten Abwasserbelastung verantwortlich.
Hoher Wasserverbrauch
Die Produktion von Textilien, insbesondere Baumwolle, erfordert enorme Mengen an Wasser. Die Herstellung eines einzigen Baumwoll-T-Shirts kann – vom Feld bis in den Laden – bis zu 2.700 Liter Wasser verbrauchen. Das ist ungefähr die Menge Wasser, die ein erwachsener Mensch in knapp drei Jahren trinkt.
Schadstoffbelastung
In der Textilproduktion wird eine Vielzahl chemischer Substanzen eingesetzt, darunter Farbstoffe, Bleichmittel und Weichmacher, die in Flüsse und Böden gelangen und ganze Ökosysteme zerstören können. Viele der verwendeten Chemikalien sind toxisch und gefährlich für Mensch und Umwelt.
Synthetische Fasern und Mikroplastik
Bei Billig-Mode wird häufig mit synthetischen Fasern wie Polyester gearbeitet. Das eine Problem bei Kunstfasern ist, dass diese aus nicht erneuerbaren und nicht biologisch abbaubaren Ressourcen hergestellt werden. Nach Ende ihrer Nutzungsdauer braucht es Ewigkeiten – geschätzt zwischen rund 20 und 200 Jahren – bis sie verrotten. Und selbst dann sind sie vermutlich nicht ganz weg, sondern bleiben als Kleinstpartikel in der Umwelt erhalten. Beim Tragen und Waschen von Kleidungsstücken lösen sich immer winzige Partikel, die über den Wasserkreislauf in die Ozeane gelangen und dort im Falle von Kunstfasern als Mikroplastik von Meereslebewesen aufgenommen werden. Und die durch den Fisch auf unseren Tellern ihren Weg schlussendlich auch in unseren Organismus finden können.
Menschenrechtsverletzungen
Das schmutzige Gesicht der Modeindustrie offenbart sich nicht zuletzt in den Bedingungen, unter denen die Arbeiter:innen in Billiglohnländern in der Produktion arbeiten. Viele Kleidungsstücke entstehen unter menschenunwürdigen Bedingungen in Fabriken, in denen die Arbeitskräfte zu einem Hungerlohn schuften und zudem gefährlichen Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind. Die Modeindustrie – allen voran der Billig-Sektor – ist geradezu berüchtigt für die so genannten Sweatshops und Kinderarbeit in Ländern mit Niedriglöhnen.
Angesichts der zum Teil katastrophalen Umstände, unter denen Billigmode (und übrigens leider nicht nur diese) hergestellt wird, suchen immer mehr Menschen nach Alternativen zur kurzlebigen Mode – und jetzt kommt das Stricken ins Spiel.
Stricken als nachhaltige Alternative

Die allerwenigsten von uns werden in der Lage oder bereit sein, ihre komplette Garderobe selbst anzufertigen. Aber wer hier gern mitliest, dem kann man sicher eine gewisse Hingabe zur Handarbeit unterstellen. Ja, natürlich – denn wir stricken ja!
Klar, wir retten nicht die Welt, wenn wir uns ein Paar Socken oder einen Pullover stricken. Natürlich machen wir uns damit nicht unabhängig von der Modeindustrie. Aber wir können ein Zeichen setzen. Irgendwo und irgendwann muss man schließlich anfangen, Nachhaltigkeit zu leben, wenn man etwas ändern will. Es gilt die Devise „Every little helps“.
Kein Massenkonsum – kein Überschuss
Wer selbst strickt, produziert geplant und nach Bedarf. Dadurch entsteht keine überflüssige Kleidung, die nach wenigen Monaten entsorgt wird. Ok, ja, mitunter schlagen wir natürlich auch ein bisschen über die Stränge und so hat manch ein:e Stricker:in weitaus mehr Pullover, Socken oder Schals, als sie oder er ernsthaft braucht.
Aber: Jede selbstgemachte Jacke oder Mütze wird, wie auch das 25. Paar Socken oder das 10. Dreieckstuch und der 30. Pullover mit Bedacht und Liebe gestrickt - entsprechend auch geschätzt und meist über viele Jahre hinweg getragen.
Vermeidung von Fabrikfertigung
Industrielle Textilproduktion bedeutet leider sehr oft schlechte Arbeitsbedingungen, hohen Energieverbrauch und Umweltverschmutzung. Wenn du deine Kleidungsstücke oder Accessoires selbst fertigst, sei es durch Nähen oder durch Häkeln oder Stricken, überspringst du quasi einen Produktionsschritt und reduzierst damit deinen ökologischen Fußabdruck. Und eine entspannende Beschäftigung hast du damit obendrauf.
Langlebigkeit und Qualität
Deine selbstgestrickten Stücke können es mit Sicherheit in puncto Qualität mit billiger Massenware locker aufnehmen. Hochwertige Garne, gute Konstruktion und Verarbeitung ergeben Kleidungsstücke, die länger schön sind als z.B. „Industrie-Strick“. Selbstgestricktes lässt sich zudem auch gut reparieren, sollte mal ein Malheur passieren.
Wertschätzung
Keine Frage: auch, wenn Stricken Spaß macht und ein wundervolles Hobby ist – es erfordert Zeit und Mühe. Man strickt schließlich einen Pullover nicht an drei Nachmittagen. Auch unabhängig vom materiellen Wert des Garns hat man einen ganz anderen Bezug zu so einem Kleidungsstück – und das führt automatisch zu einem bewussteren Umgang damit. Der gestrickte Pullover erfährt echte Wertschätzung und wird nicht beim nächsten Impulsiv-Kauf eines günstigen fertigen Stücks aussortiert.
Für noch mehr Nachhaltigkeit: Tipps für umweltfreundliches Stricken
Wenn du beim Stricken zu Kunstfasergarnen greifst, wirst du dem Umweltschutzgedanken leider nicht allzu gerecht. Aber es ist gar nicht schwer, nachhaltig zu stricken.
Hier sind einige Tipps, um deine selbstgestrickten Stücke umweltfreundlich, fair und nachhaltig zu gestalten:

Achte auf Siegel und Zertifikate
Garne unterscheiden sich nicht allein durch ihr Material. Die Herkunft und die Verarbeitung des Rohmaterials spielen eine ganz erhebliche Rolle. Das GOTS-Siegel, der „Global Organic Textile Standard“, ist beispielsweise ein verlässlicher Garant für hohe Umweltschutzanforderungen in der gesamten Lieferkette, und ebenso werden auch soziale Kriterien mitberücksichtigt. Es gibt zahlreiche weitere Siegel, die für nachhaltige Garne stehen. In unserem Blogpost "Siegel und Zertifikate für Wolle und Garne" haben wir uns schon einmal eingehend damit befasst. Bei Pascuali-Garnen kannst du ganz sicher sein, dass von der Rohfaser (egal ob tierisch oder pflanzlich) über die Verarbeitung die gesamte Produktionskette höchsten Anforderungen an Nachhaltigkeit, Umwelt- und Sozialverträglichkeit, genügen muss.
Vermeide synthetische Fasern
Leider enthalten immer noch viele Strickgarne Polyester und Co. Wie weiter oben beschrieben, bekommt man damit zwar ein in der Regel günstiges Produkt – aber beschert der Umwelt damit ein langfristiges, unschönes Erbe. Und ehrlich gesagt gibt es wirklich keinen Grund, für Handstrickgarne Wolle oder Naturfasern mit Plastik zu vermischen (außer, dass es die Produktion des Garns billiger macht), denn selbst Sockengarne lassen sich mit der Beimengung von Leinen oder Ramie auf ganz natürliche Weise robust gestalten.
Zeitlos stricken
Na klar, auch im Bereich der (Hand-)Strick-Designs gibt es Moden und Trends. Doch egal, ob es gerade farbige Einstrickmuster sind, dicke Patentmaschen, fluffige Mohairpullis oder rustikale Strickjacken, die die „Top 20“-Listen auf Ravelry dominieren: Das Gros der Strickdesigns ist doch immer klassisch und zeitlos genug, um nicht nur eine Saison lang hip und en vogue zu sein. Wenn du bei der Auswahl der Farben überlegst, ob sie dir nicht nur in einer spontanen Laune, sondern dauerhaft gefallen (das coole Neonpink guckt man sich vermutlich alsbald über...), dann steht einer langfristigen Kleiderschrank-Beziehung nicht mehr viel im Wege!
Ein paar Gedanken zum Thema Recycling-Garne
Es gibt mittlerweile viele Garne, die aus recycelten Materialien bestehen und damit Umweltfreundlichkeit für sich reklamieren. Es gibt Fasern, bei denen das tatsächlich stimmt. Im Pascuali-Sortiment findet ihr die Re-Jeans, ein Baumwollgarn, dass aus Resten der Denim-Produktion hergestellt wird. Ein schönes, weiches und haltbares Garn.
Eine gute Portion Skepsis ist aber z.B. bei Kaschmir-Recycling-Garnen angesagt. Hierfür werden meist Produktionsabfälle verwendet. Das sind sehr oft Faserreste, die zu kurz sind, um zu hochwertigen Garnen versponnen zu werden. Diese Recycling-Garne sind relativ günstig, fassen sich auch gut an und verstricken sich bestimmt auch schön. Allerdings führen die zu kurzen Fasern extrem schnell zu Pilling – und der günstige Kaschmir-Traum ist schnell reif für die Tonne. Das ist wenig nachhaltig. Also aufpassen! Vielleicht doch lieber ein altes Modell aufribbeln, wenn es nicht mehr gefällt? Oder zu wirklich guter Qualität greifen, an der man lange Freude hat.
Gute Pflege für lange Haltbarkeit
Nicht zuletzt ist die angemessene Pflege deiner Strickstücke ein Garant dafür, dass du lange Freude daran hast und Pullover, Schal oder Mütze viele Jahre tragen kannst.
Regelmäßiges Auslüften von Kleidungsstücken aus Wolle ist ganz wichtig – häufiges Waschen hingegen normalerweise gar nicht notwendig. Wenn es mal nötig ist, verwende ein gutes Wollwaschmittel. Wie man Strickstücke richtig wäscht und pflegt, damit haben wir uns ausgiebig in einem eigenen Blogpost befasst.
Fazit: Handgestricktes als nachhaltiges Mode-Statement
Fast Fashion belastet Umwelt und Menschen. Stricken und Häkeln bieten im Gegensatz dazu eine wunderbare Möglichkeit, den eigenen Kleiderschrank möglichst nachhaltig zu bestücken. Selbstgemachte Kleidung bedeutet nicht nur einen überschaubaren Verbrauch von Ressourcen. Sie bietet uns auch die Möglichkeit, aktiv zu entscheiden, woher die verwendeten Materialien stammen und wie sie produziert wurden.
Selbstgestricktes trägt man nicht nur eine Saison. Man weiß schließlich genau, welchen Einsatz es brauchte, um z.B. den tollen Fair-Isle-Pulli oder das große kuschelige Tuch zu stricken. Fast von ganz allein stellt sich eine ganz andere Wertschätzung für diese Kleidungsstücke ein.
Und jetzt: Ran an die Nadeln. Viel Spaß beim Stricken und bis zum nächsten Mal!